30.03.2021
Weizenqualität: Wie bekommen wir zukünftig noch Protein in den Weizen?
ANBAUTIPPS FÜR DIE PRAXIS
Themen
Düngung Pflanzenernährung Ackerbau Getreide Pflanzen
Im kommenden Frühjahr müssen alle Vorgaben der neuen Düngeverordnung umgesetzt werden. Die Stickstoffreduktion wird auch zu Einschränkungen beim Weizen führen. Es ist zu erwarten, dass bei limitierter N-Menge zuerst an der aus ertraglicher Sicht ineffizienten Qualitätsgabe gespart werden wird. Drohen „dänische Proteinwerte“? Gerrit Hogrefe, N.U. Agrar GmbH, über die Möglichkeiten, den fehlenden Qualitätsstickstoff zu kompensieren.
Der Ausgleich des fehlenden Mineral-N muss zwangsläufig über die Nachlieferung aus dem Bodenvorrat erfolgen. Dies können vor allem warme, feuchte und gut durchlüftete Böden mit hohen Mineralisationsraten leisten. Sie sind damit der Schlüssel für stabile Erträge und Proteinwerte.
Ressource Boden als N-Lieferant
Damit rückt die Bodenbearbeitung in den Fokus: Der Beseitigung von Verdichtungen und Sperrschichten sowie der Vermeidung oberflächlicher Verkrustungen muss zukünftig noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dränung und Gasaustausch dürfen keinesfalls behindert sein. Auf sehr vielen Betrieben dürfte damit die Bodenbearbeitungsintensität in den kommenden Jahren ansteigen.
Damit hohe Mineralisationsraten auch in der gewünschten hohen, absoluten Nachlieferung münden, brauchen die Mikroben „Futter“. Auf humosen Böden mit nicht zu weitem C/N-Verhältnis ist diese Voraussetzung natürlicherweise gegeben. Auch Betriebe mit langjähriger organischer Düngung verfügen grundsätzlich über ein hohes Nachlieferungspotenzial.
Vorfruchtwert nutzen
Während der Ausbau des Bodenpotenzials einen eher mittel- bis längerfristigen Zeitraum in Anspruch nimmt, spielt für eine kurzfristigere Betrachtung die Vorfrucht die Schlüsselrolle. Nicht jede Fruchtfolge bzw. nicht jede Stellung innerhalb einer Fruchtfolge ist für Qualitätsweizen geeignet. Qualitätsweizen wird zukünftig vor allem noch sicher nach nachlieferungsstarken Vorfrüchten wie Raps oder Leguminosen erzeugt werden können. Nach Getreide- oder Maisvorfrucht ist die potenzielle Nachlieferung aus den Ernterückständen deutlich geringer, was sich merklich auf die Weizenqualität auswirken würde.
Was kann kurzfristig getan werden?
1. Sortenwahl: Wenngleich die negative Korrelation zwischen Ertrag und Proteingehalt natürlich nicht gebrochen werden kann, stechen doch einzelne Sorten mit höherer N-Effizienz hervor. Dass insbesondere in Roten Gebieten auf diese Sortentypen zurückgegriffen werden muss, ist selbstverständlich.
2. Kalidüngung: Ob im Laufe der Vegetation noch Einfluss auf die für die Pflanzen verfügbare Stickstoffmenge genommen werden kann, ist nicht zuletzt von der am Standort vorherrschenden Tonmineral-Zusammensetzung abhängig. Illite vermögen in ihren selektiven Bindungsstellen Kali oder das etwa gleichgroße Ammonium aufzunehmen. Durch Kaligaben zum Fahnenblattstadium können kleinräumig hohe Konzentrationsunterschiede geschaffen werden. In der Folge verdrängt Kali etwaig gebundenes Ammonium von den selektiven Bindungsstellen. Das Ammonium steht den Pflanzen dann zur Verfügung.
Auf Böden mit überwiegend Kaoliniten oder Vermiculiten ist dieses Vorgehen weniger erfolgversprechend, weswegen detaillierte Kenntnisse über Tongehalt, Kationenaustauschkapazität und Austauscherbelegung essenzielle Voraussetzung für eine sichere Ansprache des Standortes sind.
3. Flüssigdünger: Nicht zuletzt lässt sich auch noch durch späte Flüssigdüngergaben Einfluss auf den Proteingehalt nehmen. Ammonium- und Amiddünger sind anderen Formen vorzuziehen, da sie von der Pflanze nicht mehr umgewandelt werden müssen, sondern direkt in Proteine eingebaut werden können. Die Applikation erfolgt am besten zu Beginn der Kornfüllung (EC 71), s. Tab. 1.
Für eine hohe Stickstoffausnutzung hat sich die Zugabe einer Schwefelkomponente bewährt.
Zink und Kupfer werden für den Aufbau wichtiger Enzyme im Rahmen der Nitratreduktion und Proteinbildung benötigt. Kleine Mengen in schnellwirksamer Chelatform wirken sich deshalb ebenfalls positiv auf den Proteingehalt aus.
Beregnung erhöht N-Freisetzung
Über die Bodenbearbeitung kann Einfluss auf Durchlüftung und Erwärmung der Böden genommen werden. Die Feuchteverhältnisse können jedoch im Prinzip nur über eine gezielte Beregnung gesteuert werden. Die notwendige Bodenfeuchte im richtigen Moment kann eine hohe zusätzliche N-Nachlieferung bedeuten. Gerade auf sandigen Standorten erleichtert künstliche Bewässerung die Einhaltung der Vorgaben durch die DüV deshalb immens.
Das vergangene Jahr hat noch einmal eindrucksvoll gezeigt, wo die Probleme liegen: Nach dem nassen Februar mit regional über 150 l/m2 erwärmten sich die Böden nur langsam. April und Mai waren dann derart niederschlagsarm, dass die Böden sehr schnell von nass-kalt zu knochentrocken wechselten. Gute Nachlieferungsbedingungen stellten sich kaum ein. Soll auf solchen Standorten, die nicht selten auch gleichzeitig Rote Gebiete mit entsprechend zusätzlichem N-Abschlag sind, auch zukünftig noch Qualitätsweizen wachsen, muss man auf eine hohe N-Nachlieferung zur Kornfüllung hoffen – bestenfalls kann man sie sich erarbeiten.
Bild: Nur gut durchlüftete Böden ohne Störschichten können ausreichend Stickstoff nachliefern. Bild: Hogrefe