30.03.2021
Technik - Düngerausbringung
DLG MITTEILUNGEN
Themen
Ackerbau Aussaat Betriebsmittel Digitalisierung, Arbeitswirtschaft und Prozesstechnik Düngung Nachhaltige Landwirtschaft Pflanzenernährung Technik Technik in der Pflanzenproduktion
Technik für mehr Effizienz
Durch die neue Düngeverordnung steht bei vielen Landwirte die übliche Praxis auf dem Prüfstand. Eine wichtige Stellschraube ist eine verlustarme Ausbringung. Welche Lösungen die Hersteller inzwischen bieten, fasst Norbert Uppenkamp zusammen.
Die Deckelung der Stickstoffdüngung, insbesondere in roten Gebieten, zwingt dazu, die Effizienz der Düngung zu optimieren. Verluste durch Denitrifikation und Auswaschung werden stärker ertragswirksam und können nur bedingt durch eine nachträgliche Düngungsmaßnahme ausgeglichen werden. Für eine hohe Düngereffizienz müssen zudem die Nährstoffe möglichst vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden. Verlustminimierung, pflanzenverfügbare Platzierung und bedarfsgerechte Dosierung des Düngers sind daher auch Schwerpunkte der technischen Entwicklung – sowohl bei der Mineraldüngung als auch bei der Ausbringung von Wirtschaftsdünger.
Düngebedarfsermittlung
Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Düngung ist die Kenntnis der standortspezifisch notwendigen Düngermenge. Die Technik zur sensor- und kartenbasierten teilflächenspezifischen Düngung ist seit Jahren ausgereift. Bisher kam jedoch insbesondere die kartenbasierte variable Düngung nur selten in der Praxis zum Einsatz. Ein wesentlicher Grund war das Fehlen aktueller Satellitenbilder. Dies hat sich mit der Inbetriebnahme der Sentinel-Satelliten des europäischen Copernicus-Programms geändert. Für die Landwirtschaft sind die Sentinel-1-Satelliten mit Radar- und die Sentinel-2-Satelliten mit Multispektralkameras interessant (Übersicht). Der letzte der vier Satelliten wurde im März 2017 in Betrieb genommen. Die hohe Auflösung entspricht den Anforderungen der teilflächenspezifischen Düngung. Und die häufige Überfliegung erhöht die Wahrscheinlichkeit, zeitnah auswertbare Bilder zu erhalten. Die ESA bietet die Bilder kostenfrei an und stellt auch Tools zur Auswertung bis hin zur Berechnung des NDVI-Vegetationsindexes zur Verfügung. Etablierte Firmen und Start-ups nutzen diese Möglichkeiten intensiv und bieten Biomasse-, Dünge- und Saatkarten auf der Basis der Sentineldaten sehr preisgünstig an. Die Vermarktung erfolgt in Form cloudbasierter Internetanwendungen für PCs in Kombination mit Apps für Android- und IOS-Geräte.
Durch die Kombination aktueller hochaufgelöster Karten in Verbindung mit der preiswerten, weit verbreiteten Smartphone-Technologie wird die teilflächenspezifische Düngung auch für kleine und mittlere Betriebe sehr attraktiv. Es ist daher zu erwarten, dass Düngerstreuer mit Isobus-Technik und vielleicht auch Pneumatikstreuer vermehrt nachgefragt werden. Sicherlich auch im Hinblick auf diese Entwicklung hat die Firma Rauch auf der letzten Agritechnica sowohl einen neuen Anbau-Pneumatikstreuer als auch ein neues Dosiersystem vorgestellt. Der Streuer soll im Herbst 2021 mit Arbeitsbreiten von 18 bis 30 m angeboten werden.
Dosierung der Düngermenge
Das »MultiRate«-Dosiersystem von Rauch für Pneumatikstreuer wurde auf der Agritechnica 2019 mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Es kann auch kleinräumige Variationen der Ausbringmenge exakt umsetzen. Hierbei werden die Dosierorgane jeder einzelnen Düngerauslassöffnung unabhängig voneinander und stufenlos regelbar elektrisch angetrieben. Der elektrische Antrieb mit einer Spannung von 48 V ermöglicht sehr kurze Verstellzeiten und somit eine schnelle Variation der Düngermenge in Fahrtrichtung. Quer zur Fahrtrichtung ist die Düngergabe in 1,2 m breiten Streifen variierbar. Das führt zu einer erheblich höheren räumlichen Auflösung im Vergleich zu bisherigen Lösungen. Bei der Düngung nach Applikationskarte werden die Vorgabewerte genauer umgesetzt. Beim Streuen von Keilen und in Kurven lassen sich Über- und Unterdosierungen deutlich verringern. Das Grenzstreuen kann durch eine Mengenanpassung an der äußeren Düngerauslassöffnung in Verbindung mit einem Grenzstreuleitblech ebenfalls optimiert werden.
Zur teilflächenspezifischen Düngung gehört auch bei der Gülleausbringung eine Mengenregulierung während der Fahrt. Neben Fahrgeschwindigkeit, Veränderung der Pumpendrehzahl bei Pumptankwagen, Bypassregelung und Verteilerkopf mit Durchflussregelung stellte Fliegl auf der Agritechnica mit dem neuen Schneckenverteiler »Flexflow« eine weitere Variante für eine effiziente Mengenregulierung vor. Beim normalen Schneckenverteiler sind in einer Wanne Löcher für die Ausläufe eingelassen. Bei dieser Weiterentwicklung wird die Wanne durch eine zweite Wanne mit Langlöchern ergänzt. Die beiden Wannen mit ihren unterschiedlichen Löchern können gegeneinander verschoben werden, sodass unterschiedlich große Auslassöffnungen entstehen. Man kann die Löcher auch kurzfristig und kurzzeitig auf maximale Überlappung stellen und so der Verstopfungsgefahr begegnen.
Für eine höhere Effizienz setzen die Hersteller an verschiedenen Hebeln an.
Dr. Norbert Uppenkamp
Im Unterschied zu Mineraldüngern variieren bei Wirtschaftsdüngern die Nährstoffgehalte sehr stark. Deshalb müssen sie vor oder bei der Ausbringung bestimmt werden. Neben der zeitaufwendigen Labormethode mit den bekannten Problemen bei der repräsentativen Probennahme hat sich die kontinuierliche Probennahme mit der NIRS-Technik etabliert. Die Genauigkeit dieses Verfahrens ist allerdings davon abhängig, ob die Eigenschaften des jeweiligen Wirtschaftsdüngers in das Spektrum der Kalibrierung passen.
Ein neues, mit einer Agritechnica-Silbermedaille ausgezeichnetes Verfahren, stellte 2019 die Firma Samson vor. Für die Bestimmung von Stickstoff, Phosphor und Kali in der Gülle wird ein Sensor auf Basis der NMR-Technologie (Nuclear Magnetic Resonance) eingesetzt. Dieser ermöglicht eine Analytik von Inhaltsstoffen ohne matrixabhängige Kalibrationsanforderung. Das verspricht eine geringere Fehlerrate bei der Analytik. Erste Laborvergleiche zeigen bereits eine gute Übereinstimmung zwischen Laborwerten und NMR-Sensorik. In Verbindung mit der Teilbreitenschaltung Isobus-Section-Control und der Steuerung für eine variable Ausbringmenge VRA bietet Samson damit die geschlossene Kette zur Umsetzung des Precision Farming für die Gülleausbringung an.
Düngerplatzierung
Ein weiterer Schwerpunkt in den letzten Jahren sind Entwicklungen im Bereich der Düngerplatzierung. Dazu gehören Verfahren wie Strip-Till und punktgenaue Unterfußdüngung. Mit dem Strip-Till-Verfahren zu Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und bedingt zu Getreide und Raps wird ein großer Düngeranteil nahe an die Pflanzenwurzel gebracht. Das minimiert Verluste von Düngern, die die Wurzeln nicht erreichen. Die bisherigen Untersuchungen der Streifenbearbeitung mit Applikation von flüssigen Wirtschaftsdüngern unter die Saatreihe haben gezeigt, dass dadurch höhere Stickstoff-Ausnutzungsraten erreicht werden können. Eine starke Düngerkonzentration in Verbindung mit Nitrifikationshemmern verringert die Gefahr von Auswaschung – vor allem bei Starkniederschlägen.
Pneumatikstreuer sind in ihrer Präzision nicht zu überbieten. Als Anbaugerät wird diese Technologie künftig auch für kleine und mittlere Betriebe attraktiver. Foto: Rauch
Untersuchungen der Fachhochschule Köln haben gezeigt, dass durch eine weitere Konzentration der Düngerplatzierung auch innerhalb einer Reihe Dünger eingespart werden kann. Wird der Unterfußdünger bei der Maissaat in kleinen Portionen gezielt nur in der Nähe der Körner abgelegt, lassen sich bei gleichem Ertrag 25 % des Düngers einsparen. Bei gleicher Düngermenge wurde in den dreijährigen Versuchen ein Mehrertrag von 6 bis 7 % gemessen. Auf der Agritechnica stellte Amazone für eine derartige punktgenaue Unterfußdüngung das Portionierungssystem »FertiSpot« in ihrer neuen Einzelkornsämaschine vor.
Der Zwang, flüssige Wirtschaftsdünger bodennah auszubringen bzw. einzuarbeiten, hat zu einer regen Entwicklungstätigkeit bei den Herstellern geführt. So hat die Firma Evers für den vielfältigen Einsatz den Kombi-Gülleinjektor »Tribus« entwickelt. Bei Arbeitsbreiten von 6 und 9 m kann das Gerät im Getreidebestand, auf Stoppeln und auf Grasland eingesetzt werden. Es besteht aus einer ersten Gerätereihe mit nachlaufenden großen Scheiben, die den Boden schneiden und die Gülle infiltrieren lassen. Dahinter sind eine Scheibenegge und eine Stabwalze angeordnet. Auf Stoppeln kommen alle drei Gerätereihen zum Einsatz, um die Gülle optimal einzuarbeiten. Auf Grasland oder im Getreide können die zweite und dritte Reihe hydraulisch angehoben werden, sodass nur die Scheiben der ersten Reihe den Boden aufschlitzen und die Gülle ablegen.
Große Arbeitsbreiten haben den Nachteil, dass ein Verteiler eine große Zahl von Ausläufen versorgen muss. Der Unterschied in der Schlauchlänge vom Verteiler zum Gülleauslauf steigt daher, und das übliche »V« bei Beginn der Verteilarbeit wird größer. Um diesen Effekt zu vermeiden, bietet die Firma Bomech seine 18 – 24 m breiten Schleppschuhverteiler mit vier Schneidverteilern anstelle von zwei Verteilern an. Somit muss jeder Verteiler nur noch die Hälfte der sonst üblichen Arbeitsbreite bedienen. Das verbessert am Vorgewende und bei der Bearbeitung von Keilen die Verteilgenauigkeit.
Weitere technologische Hilfsmittel
Bei all der modernen Technik darf man eines nicht vergessen: Eine hohe Düngeeffizienz kann nur dann erreicht werden, wenn der Düngerstreuer richtig eingestellt wird. Dafür gibt es Hilfsmittel, die den Fahrer unterstützen. Auch in diesem Bereich gibt es deutliche Fortschritte. Dazu gehören
umfangreiche Datenbanken zur richtigen Streuereinstellung, die heute per App mit dem Smartphone auch während der Arbeit abgerufen werden können,
automatisierte GPS-gestützte Teilbreiten- und Vorgewendeschaltung,
Radarsensoren, die das Streubild während der Fahrt kontinuierlich erfassen.
Die Fortschritte bei der Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung mit leistungsfähigen Datennetzen ermöglichen heute auch bei Wurfstreuern, die Hangneigung zu berücksichtigen. Bisher konnte kein System die veränderte Wurfweite am Hang ausgleichen. Dies ermöglicht das Regelsystem »HillControl« von Rauch. Deren Software verbessert in Verbindung mit einem Neigungs- und Gierratensensor bei Scheibenstreuern durch Veränderung von Aufgabepunkt, Scheibendrehzahl und Dosiermenge die Verteilgenauigkeit in hügeligem Gelände. Darüber hinaus werden Über- und Unterdosierungen beim Überfahren von Kuppen und beim Durchfahren von Senken verringert.
Die Kontrolle des Streubildes kommt in der Praxis oft zu kurz. Amazone hat das bereits 2015 vorgestellte digitale Prüfset »EasyCheck« zur Serienreife weiterentwickelt. Bei diesem System werden statt der Prüfschalen Kunststoffmatten mit genoppter Oberfläche nach dem gleichen Muster wie die Prüfschalen auf dem Feld ausgelegt. Beim Streuen werden die Düngerkörner durch die Noppen aufgefangen. Anschließend fotografiert man die Matten mit dem Smartphone, und eine herstellereigene App wertet sie aus. Im Vergleich zu den bisher üblichen Prüfschalen ist die Auswertung einfacher und etwas schneller, der Preis günstiger und das Transportvolumen deutlich geringer. Es bleibt zu hoffen, dass diese Vorteile die Akzeptanz in der Praxis verbessern. Denn die Überprüfung des Streubildes auf dem Feld sollte keine seltene Ausnahme mehr sein.
Dr. Norbert Uppenkamp, Landwirtschaftskammer NRW, Münster