09.08.2021
Risikomanagement im Maisanbau – Risikostreuung durch die Sortenwahl
ANBAUTIPPS FÜR DIE PRAXIS
Themen
Ackerbau
Insbesondere nach den letzten Extremjahren ist aktives Risikomanagment wieder stärker in den Fokus landwirtschaftlicher Betriebe gerückt. Es gibt zwei wesentliche Gefahrenpotenziale im Risikomanagement: erstens das Preisrisiko und zweitens das Mengenrisiko.
Sowohl Silo- als auch Körnermais zeigten 2018, 2019 und vermutlich auch 2020 bundesweit erhebliche Unterschiede in der physiologischen Entwicklung sowie im Ertrags- und Qualitätsniveau. In der Folge verschoben sich die Nutzungsrichtungen (besonders von Biogasmais hin zu Silomais), im Grundfutterbereich gab es kurzfristige Spot-Markt-Nachfragebedienungen und man konnte immense regionale Effekte auf die Verkaufspreise beobachten.
Grundlagen Risikomanagement landwirtschaftlicher Betriebe
Die Systematik des innerbetrieblichen Risikomanagements – allgemein und speziell im Maisanbau – ist in der folgenden Übersicht dargestellt.
Risikostreuung durch Ausgestaltung des Produktionsverfahrens
Zielführend ist dabei immer, eine betriebs-, regions-, tlw. sogar eine schlagspezifische Risikoanalyse und Risikobewertung der Silooder Körnermaisproduktion vorzunehmen.
Sortenwahl als Risikomanagement-Instrument
Für das Risikomanagement im Maisanbau ist eine bestmögliche Charakterisierung der Sorten unerlässlich. Maissorten können anhand zahlreicher Sorteneigenschaften beurteilt, charakterisiert und verglichen werden. Wenn Sie einerseits Ihre betrieblichen Risikofaktoren analysiert haben und andererseits die Eigenschaften der zur Verfügung stehenden Maissorten kennen, können Sie die Sorte mit der bestmöglichen Risikoabdeckung für Ihren Standort auswählen.
Jedenfalls theoretisch – denn bei der Vielzahl an angebotenen und angebauten Maissorten im deutschen Markt fallen eine detaillierte Sortenbeurteilung und insbesondere ein Sortenvergleich oft schwer. Seitens der SAATEN-UNION wird in der Anbauberatung daher eine standortgerechte Sortenwahl, zusammen mit der Überprüfung und Validierung der Anbaueignung durch das bundesweite LSV Prüfsystem verfolgt.
Feldtage und Sortenversuche - zur Not auch digital - helfen bei der Sortenwahl. Denn das Angebot bei Mais ist extrem unübersichtlich, viele Sorten sind austauschbar. Hier helfen regionale Veranstaltungen immens, die für den eigenen Betrieb geeigneten Kandidaten herauszufiltern.
Entscheidend bei der Sortenwahl zur Aussaat 2022: Reife, Nutzung und Sortentyp
Die wichtigsten Sorteneigenschaften zur Minimierung des Risikos sind:
I Reifegruppe: Die Reifegruppe ist beim Risikosplitting das wichtigste Instrument. Mehr als die Hälfte des deutschen Marktes entfällt auf die mittelfrühe Reifegruppe, je 1/5 entfallen auf die mittelspäte und frühe Reifegruppe, ein kleiner Marktanteil auf die späte Reifegruppe. Die zurückliegenden Extremjahre haben dazu geführt, dass eher spätere Sorten gewählt wurden allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden. Später reifende Sorten haben im Mittel über alle Jahre und Standorte zwar ein höheres Ertragspotenzial, benötigen aber auch höhere Temperatursummen für eine sichere Abreife. Spätreifere Sorten haben im Mittel über alle Jahre und Standorte ein höheres Ertragspotenzial, benötigen aber auch höhere Temperatursummen für eine sichere Abreife.
II Sichere Abreife: Wählen Sie grundsätzlich Sorten, die in Ihrer Region im langjährigen Mittel sicher ausreifen, um das Ertrags-, aber auch das Qualitätsrisiko zu minimieren! Dabei spielt auch die Nutzungsrichtung bei der Beurteilung des Abreifeverhaltens eine große Rolle: Bei der Körnernutzung ist die Wasserabgabe des Korns (Dry-Down-Verhalten) entscheidend. Bei der Silonutzung liegt der optimale TS-Gehalt zwischen 32 und 35 %, in trockenheißen Sommern ist dies ein sehr kurzer Zeitraum.
III Sortentyp: Ein weites Erntefenster senkt das Risiko und schafft Flexibilität Um das Erntefenster möglichst groß zu gestalten, sollte auch auf verschiedene Sortentypen zurückgegriffen werden: Stay Green-, Stärke- oder Verdaulichkeitstypen erhöhen letztendlich die Flexibilität und splitten effektiv das Risiko. Sorten mit lang grünbleibender Restpflanze, Stay Green-Typen wie z. B. Sucorn, gewähren in Jahren mit normaler Witterung einen Erntezeitrahmen von bis zu drei Wochen. Sorten mit einem hohen Stärkegehalt in der Silage erhöhen die Ernteflexibilität im höheren Trockensubstanzbereich, besonders, wenn auch die Restpflanze Stay Green-Verhalten zeigt (z. B. Sudress). Sorten mit einer guten Verdaulichkeit der Restpflanze erhöhen die Flexibilität nach vorne (z. B. Vicente): Eine hohe Energiedichte in der Silage ist oft schon bei TS-Gehalten von unterhalb 32 % möglich und bei kühlen Temperaturen im Spätsommer von Vorteil.
Ertragsstabilität senkt das Mengenrisiko
Ist die Fläche knapp, braucht es stabile und hohe Erträge, um das Silo sicher zu füllen. Sorten, die auf hohem Niveau ertragsstabil sind, sind dann erste Wahl.
Bestimmte Sortentypen erweitern das Erntefenster
Um ein möglichst breites Erntefenster zu erreichen, sollte auch auf verschiedene Sortentypen zurückgegriffen werden: Stay Green-, Stärke- oder Verdaulichkeitstypen erhöhen letztendlich die Flexibilität und splitten effektiv das Risiko.
Stay Green-Typen: lang grünbleibende Restpflanze, daher in Normaljahren bis zu drei Wochen Erntefenster (z. B. Sucorn)
Stärketypen: bessere Ernteflexibilität im höheren Trockensubstanzbereich besonders dann, wenn ebenfalls die Restpflanze Stay Green-Verhalten zeigt; hoher Stärkegehalt in der Silage (z. B. Sudress)
Verdaulichkeitstypen: gute Verdaulichkeit der Restpflanze (z. B. Vicente), höhere Flexibilität nach vorne; hohe Energiedichte in der Silage oft schon bei TS-Gehalten von unterhalb 32 %; Vorteil bei kühlen Sommern
Links: klassischer Stay Green-Typ
Auch die Ertragssicherheit ist wichtig
Ist die Fläche knapp, muss mit maximalem Ertrag das Silo sicher gefüllt werden, um damit Mengenrisiken deckeln zu können. Hier eignen sich Sorten, die mehrjährig etabliert, gut positioniert und auf hohem Ertragsniveau ertragsstabil sind. Ertragsstabilität basiert auch auf Faktoren wie Standfestigkeit, Stressstabilität und Gesundheit.
Zusammenfassung
Eine Umfrage des DMK bestätigte, dass die überwiegende Anzahl der Landwirte Teile der o. g. Risikomanagementinstrumente bereits im aktuellen Produktionsprozess umsetzt oder zumindest plant, zukünftig umzusetzen. Insbesondere auf künftige Extremwetterereignisse stellen sich bereits heute gut zwei Drittel der Befragten ein. Die Mehrheit setzt dabei in ihrer Anpassungsstrategie in erster Linie auf robuste und dem Klimawandel angepasste Sorten, passt die Bodenbearbeitung oder/und die Fruchtfolge an oder installiert Bewässerungsanlagen. Sorten, die auf den jeweiligen Standort optimal passen, senken das Produktionsrisiko weiter.