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23.08.2019

Resistenzsituation der Herbstschädlinge berücksichtigen

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N.U. AGRAR GMBH - ALLGEMEIN

Themen

Pflanzenschutz Insektizid

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Bei der Bekämpfung des Rapserdflohs gab es in der Vergangenheit wiederholt Probleme. Insbesondere im Nordosten Deutschlands, wo die kdr-Frequenz (Häufigkeit der „Knock-down-Resistenz“) in den Populationen hoch ist, wurde von Wirkungsminderungen berichtet. Dabei ist mit der L1014F-Mutation am spannungsabhängigen Natriumkanal nur ein moderater Resistenzfaktor

(= Unterschied zwischen sensitivster und widerstandsfähigster Population) verknüpft.

Anders als allgemein angenommen führt eine Target-Site-Resistenz, wie in diesem Fall die Knock-down-Resistenz nicht zwangsläufig zu einer kompletten Unwirksamkeit eines betroffenen Wirkstoffes. Da die zugelassenen maximalen Feldaufwandmengen in der Regel eine gewisse „Reserve“ besitzen (im Röhrchentest sterben sensitive Tiere bereits bei wenigen Prozent der maximal zugelassenen Feldaufwandmenge), wirken Pyrethroide bei richtigem Einsatz noch sicher selbst gegen knock-down-resistente-Tiere. Eine sogenannte „Super-kdr“ (z.B. M918T-Mutation), die sehr hohe Resistenzfaktoren zur Folge hat und zur sofortigen Unwirksamkeit der Pyrethroide führt, (wie beim Rapsglanzkäfer), ist beim Rapserdfloh bisher nur in Frankreich aufgetreten.

Bekämpfung des Erdflohs mit Pyrethroide

Die Minderwirkungen von Pyrethroiden sind in deutschen Populationen wohl auf eine Kombination aus Target-site-Resistenz (kdr) und metabolischer Resistenz zurückzuführen. Die Resistenzfaktoren beider Mechanismen multiplizieren sich und überschreiten so den „Aufwandmengen-Puffer“ der Präparate. Die metabolische Komponente äußert sich in einem beschleunigten Abbau der Pyrethroide, wahrscheinlich durch erhöhte Enzymaktivität.

In anderen Schädlingen wurde vielfach eine höhere Konzentration von P450-Mono-Oxygenasen nachgewiesen. In Laborversuchen werden deshalb oft Synergisten wie PBO (Piperonylbutoxid) eingesetzt, um die Enzyme zu hemmen und so über gesteigerte Mortalitätsraten die metabolische Resistenz nachzuweisen. Auch das Tebuconazol ist als P450-Inhibitor bekannt. Diesen Zusammenhang kann man sich insbesondere bei bereits aufgetretenen Bekämpfungsschwierigkeiten zunutze machen.

Aus Versuchen zur Bienentoxizität ist weiterhin hervorgegangen, dass auch von Prochloraz eine Steigerung der Toxizität von Pyrethroiden (bspw. lambda-Cyhalothrin) erwartet werden kann. Diese Kombinationen dürfen deshalb nicht mehr in blühende Rapsbestände gespritzt werden (keine B4-Einstufung). Die synergistischen Effekte sind bei Prochloraz wohl auch auf eine herabgesetzte Repellent-Wirkung der Pyrethroide zurückzuführen.

Pyrethroide der Klasse I haben im Fall des Rapserdflohs keine Wirkungsvorteile gegenüber „einfachen“ Klasse-II-Pyrethroiden. Tau-Fluvalinat-haltige Produkte (Mavrik Vita, Evure) dürfen nur einmal zum Einsatz kommen dürfen, deshalb ist die Anwendung vorzugsweise für das Frühjahr (Glanzkäfer, Schotenschädlinge) vorzusehen.

Die Kleine Kohlfliege ist durch Spritzapplikationen nicht zu bekämpfen. Auf gefährdeten Standorten (gut durchlüftete, sandige Böden) sollte mit Lumiposa gebeiztes Saatgut eingesetzt und die Aussaat nach hinten verschoben werden. Der Einsatz von Kalkstickstoff vor der Saat (breit gestreut, Unterfuß, Saatbanddüngung) kann den Larvenschlupf der Kohlfliege reduzieren.

Grüne Pfirsichblattlaus mit ausgeprägter Resistenzentwicklung

Die Schadwirkung der Blattläuse beruht neben der Übertragung des Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV) auch auf der reinen Saugtätigkeit. In den vergangenen Jahren wurden vor allem in Brandenburg und in angrenzenden Gebieten in Polen. Flächen nach einem Starkbefall mit Blattläusen noch im Herbst umgebrochen. Auf die Blattlausbekämpfung kann also auch beim Anbau einer TuYV-resistenten Sorte nicht grundsätzlich verzichtet werden.

Die in den Rapsbeständen vornehmlich zu findende „Grüne Pfirsichblattlaus“ vereinigt Pyrethroid-, Carbamat- und Organophosphatresistenzen in sich. In Südeuropa ist auch eine Neonicotinoid-Resistenz bekannt. Wie hoch die Durchdringung der einzelnen Resistenzen in deutschen Populationen ist, ist unklar. Aus der diesjährigen Blattlaus-Bekämpfung in der Zuckerrübe kann aber eine noch vergleichsweise gute Wirkung der Carbamate (Pirimor) abgeleitet werden. Aus dieser Wirkstoffgruppe gibt es im Raps aber keine zugelassenen Produkte.

Eine gute Wirkung gegen die Grüne Pfirsichblattlaus ist von dem nur gegen beißende Insekten (Rübsenblattwespe, Kohlmotte) zugelassenen Neonicotinoid Biscaya (Wirkstoff: Thiacloprid) und vom Spezialprodukt Teppeki (Wirkstoff: Flonicamid) zu erwarten. Beide Wirkstoffe wirken systemisch.

Pyrethroide sollten gegen Blattläuse nicht gespritzt werden. Unabhängig von der Resistenzsituation werden versteckt unter dem Blatt sitzende Läuse nicht getroffen und damit durch die als Kontaktmittel wirkenden Pyrethroide nicht erfasst.

Bei der Bekämpfung von Larven der Rübsenblattwespe oder Kohlmotte sollten ebenfalls keine Pyrethroide eingesetzt werden, um den Selektionsdruck auf den Rapserdfloh nicht unnötig weiter zu erhöhen. Biscaya ist dann das Mittel der Wahl.

Bekämpfungsstrategie für Herbstschädlinge im Winterraps

Die schwindenden Wirkungsreserven der zugelassenen Wirkstoffe bedürfen eines überlegten Einsatzes der verbliebenen Produkte. Dazu gehören die Verhinderung des vorzeitigen Abbaus pH-instabiler Wirkstoffe sowie bei Bedarf die Zumischung synergistisch wirksamer Fungizide.

Im Folgenden einige Beispiele für die Bekämpfung tierischer Schaderreger in Winterraps im Herbst:

EC 12-14

Rapserdfloh:

100 % Pyrethroid

+ 50 g/ha Tebuconazol (ab EC 14)

EC 14-16

Rapserdfloh + Grüne Pfirsichblattlaus:

100 % Pyrethroid + 100 g/ha Teppeki

+ 0,8 l/ha Ampera (ab EC 16)

+ 1,0 l/ha Bor fl

+ 300 g/ha Zitronensäure

EC 16-18

Grüne Pfirsichblattlaus:

100 g Teppeki

+ Wachstumsregler

+ 1,0 Bor

EC 14-18

Grüne Pfirsichblattlaus + Rübsenblattwespe/ Kohlmotte:

0,3 Biscaya

+ Wachstumsregler

+ 1,0 Bor

Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet. Wir können jedoch keine Gewährleistung für die Richtigkeit, insbesondere bei Veränderungen der aktuellen Zulassungssituation für Pflanzenschutzmittel übernehmen. Die Anwendungen erfolgen auf eigenes Risiko.

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