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24.06.2020

Reis und Gentechnik

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TRANSGEN - FORUM BIO- UND GENTECHNOLOGIE E.V.

Themen

Allgemein Ernte Gesellschaft Bodenmarkt

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Nach Mais und Weizen ist Reis die weltweit wichtigste Getreideart. Reis wird in tropischen und subtropischen Klimaregionen angebaut.

Die wichtigsten Erzeugerländer sind Indien, China, Indonesien und Bangladesch. In Europa wird Reis u. a. in Italien und Spanien angebaut. Weltweit betrug die Reisproduktion 2018 782 Millionen Tonnen. Reis ist Grundnahrungsmittel für etwa die Hälfte der Menschheit.

Anbau-Zulassungen

USA (1999, 2006), China, Iran, Japan

Anbau

Iran (2006), vermutlich demnächst in einigen asiatischen Ländern

Forschungsschwerpunkte

Anreicherung mit Provitamin A und Eisen, Resistenz gegen Schädlinge, Trockentoleranz, Ertragssteigerung

Freilandversuche

EU: 38 (4 Länder) USA: 326 (seit 1998), zahlreiche weitere Länder

In der Regel (ca. 80 Prozent) findet Nassreisanbau (Paddy Rice) statt: Die Felder werden während der Wachstums- und Reifezeit unter Wasser gesetzt, vor allem um so Unkräuter zu unterdrücken. Längere Überschwemmungen oder höhere Wasserstände überstehen Reispflanzen jedoch nicht.

Reis (Oryza sativa) wird als Getreide gekocht und direkt verzehrt, aber auch verarbeitet etwa zu Stärke, Reismehl (Reis enthält kein Gluten und kann bei Zöliakie als Weizenmehlersatz verwendet werden), Reisnudeln und Reispapier, Reisflocken, Knusperflocken (Crispies), Reiswaffeln, Reismilch, Reisöl, Reiswein.

Reis wird überwiegend als (Grund-) Nahrungsmittel und nur zu einem geringen Teil für die Tierfütterung genutzt.

Großes Foto oben: dogfella/123RF

Gentechnik: Ziele bei Forschung und Entwicklung

Anbaueigenschaften

  • Insektenresistenz: In China sind mehrere insektenresistente Reislinien entwickelt und in einem groß angelegten Versuchsanbau getestet worden. Eine Variante bildet das so genannte Bt-Toxin, welches die Pflanze vor Schädlingen wie dem Reisstängelbohrer schützt. Eine andere produziert einen aus der Ackerbohne stammenden Wirkstoff, der das Verdauungssystem der Schädlinge blockiert. In den Anbauversuchen zeigte sich, dass deutlich weniger Pflanzenschutzmittel gespritzt werden müssen. Die politische Führung in China zögert eine Entscheidung über den Anbau von schädlingsresistentem gv-Reis bislang hinaus. Auch in Indien finden zahlreiche Freilandversuche mit Bt-Reis statt.

  • Pilzresistenz gegen den Erreger von Reisbrand

  • Virusresistenz: In internationalen Forschungsprojekten wurden Reislinien entwickelt mit Resistenzen gegen das Rice Yellow Mottle Virus oder Tungro-Virus. Dabei kommen inzwischen auch neue Verfahren des Genome Editings wie die „Genschere“ CRISPR/Cas zum Einsatz.

  • Bakterienresistenz, auch in Kombination mit Pilzresistenz Forscher der Universität Düsseldorf konnten Reispflanzen entwickeln, die resistent sind gegen den bakteriellen Erreger der „Weißblättrigkeit“. Sie erreichten mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas, dass bestimmte Proteine der Bakterien nicht mehr an die Zuckertransport-Gene der Pflanze andocken können, um sich mit Zucker zu versorgen.

  • Herbizidtoleranz gegen die Wirkstoffe Glufosinat und Imidazolinone In den USA wurde 1999 herbizidresistenter gv-Reis (LL62) zugelassen, bisher jedoch nicht kommerziell angebaut. Mit dem Genome Editing-Verfahren ODM (Oligonukleotid gerichtete Mutagenese) hat die Firma Cibus einen Reis entwickelt, der eine Herbizidtoleranz aufweist. Er wurde in den USA als „nicht-GVO“ (gentechnisch veränderter Organismus) eingestuft.

  • Dürretoleranz: Mehrere Forschungsprojekte beschäftigen sich mit neuen Reissorten, die Dürreperioden besser überstehen. Dabei werden verschiedene Ansätze und Verfahren (Gentechnik, Genomforschung, SMART Breeding) genutzt.

  • Salztoleranz: In China hat man Reissorten entwickelt, in die ein Gen aus der auf Salzböden wachsenden Pflanze Suaeda salsa eingeschleust wurde. Auch in Europa, den USA und Indien werden salztolerante Reispflanzen bereits im Freiland getestet. Ein junges Unternehmen (Agrisea) arbeitet daran, Reispflanzen zu entwickeln, die in salzigem Meerwasser wachsen können, ohne dass Erde, Dünger oder Frischwasser benötigt werden. Dafür wurden zunächst die Gene identifiziert, die bei Reis die Salztoleranz kontrollieren. Durch Genome Editing soll die Expression dieser Gene gesteigert werden, so dass die Pflanzen in Salzwasser wachsen können. Bis Ende 2020 soll eine erste kleine Pilotanlage im Meerwasser entstehen.

  • Geringere Methanbildung: Einem Forscherteam aus China, Schweden und den USA ist es gelungen, Reis durch Übertragung eines Gens aus Gerste so zu verändern, dass die Methanproduktion drastisch verringert wurde. Methan spielt eine Rolle bei der Klimaerwärmung. In den wasserüberfluteten Böden beim Reisanbau bauen Mikroorganismen organisches Material zu Methan ab.

Produkteigenschaften

  • Anreicherung mit gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen. Anreicherung mit Vitamin A: Reis enthält von Natur aus kaum Vitamin A. In Ländern, in denen er Hauptnahrungsmittel ist, sind daher Mangelerkrankungen weit verbreitet, die bis zur Erblindung führen können. Mit gentechnischen Methoden wurde ein Reis entwickelt, der in seinen Körnern Beta-Carotin, eine Vorstufe zu Vitamin A, anreichert. Der wegen seiner gelben Farbe auch Golden Rice genannte Reis wird nun in lokal angepasste Sorten eingekreuzt, die kostenlos an Kleinbauern in Asien ausgegeben werden sollen. Nach ersten Freilandversuchen mit Golden Rice in den USA wird er seit 2012 vom Internationalen Reisforschungsinstitut (IRRI) weitergetestet. Er soll zunächst für Kleinbauern auf den Philippinen und in Bangladesh, später auch in anderen asiatischen Ländern erhältlich sein. Ende 2015 stoppte allerdings der oberste Gerichtshof der Philippinen vorläufig die weitere Entwicklung und Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen. Dieses Verbot wurde im Juli 2016 wieder aufgehoben. Anbauzulassungen sind auf den Philippinen und in Bangladesch beantragt. Inzwischen wird auch versucht, mit den neuen Methoden des Genome Editings Provitamin A in Reis anzureichern. So erreichte ein japanisches Wissenschaftler-Team dies durch Modifikation eines Gens (Osor-Gen) mithilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas.

Auch Wissenschaftler der ETH Zürich haben Reis so verändert, dass Eisen und Zink in den inneren, weißen Teil des Reiskorns befördert und dort angereichert werden. Sie erreichten dies durch Übertragung von drei zusätzlichen Genen. Freisetzungen sind geplant.

Foto: Navreet Bhullar / ETH Zürich

Anreicherung mit Eisen und anderen Mikronährstoffen: Verschiedene Forschergruppen an Universitäten und Internationalen Agrarforschungszentren entwickeln Reissorten mit einem mehrfach erhöhten Eisengehalt in den Körnern. Eisenmangel - und als Folge davon Anämie - ist besonders in Asien und Afrika verbreitet. Reis speichert natürlicherweise 80 Prozent des Eisens in der mehrschichtigen Schale, die das Reiskorn umgibt und nur 20 Prozent im Korn selbst. Im Handel ist vor allem Weißreis erhältlich. Bei Weißreis wird die Schale entfernt. Da er nicht ranzig wird, kann er besser gelagert werden. Am IRRI werden neu entwickelte, mit Eisen und Zink angereicherte gv-Reislinien in Freilandversuchen getestet. Zwei eingeführtes Gene aus Reis und Sojabohne (Ferritin) sorgen für die Einlagerung von mehr Eisen und Zink in den Körnern. Es gibt verschiedene Forschungsprojekte zur Anreicherung von Mikronährstoffen und Wirkstoffen in Reis, etwa Zink, Vitamin B9 (Folsäure) oder sekundären Pflanzenstoffe wie Anthocyanen (Flavonoid) oder Resveratrol mit antioxidativen Eigenschaften.

  • veränderte Zusammensetzung der Inhaltsstoffe. In Japan wird an der Entwicklung hypoallergener Reissorten gearbeitet, bei denen die Bildung eines allergieauslösenden Proteins (AS-Albumin, Glutenin) unterdrückt wird. Bei anderen gv-Reislinien wurde die Stärkezusammensetzung (Amylose) oder der Proteingehalt geändert. Mögliche Abnehmer sind Sake-Brauereien.

  • veränderter Kohlenhydratstoffwechsel u.a. mit Hilfe neuer molekularbiologischen Methoden wie TALEN und CRISPR/Cas.

  • geringere Arsen-Gehalte: Arsen kommt natürlicherweise in der Erde vor und gelangt über das Grundwasser in die Nahrung. Reis ist aufgrund des Anbaus auf überfluteten Feldern besonders anfällig für Arsenanreicherungen in den Körnern. Ein zu hoher Arsengehalt in der Nahrung kann zu gesundheitlichen Problemen und Krankheiten führen. Daher gelten in der EU bestimmte Grenzwerte. Wissenschaftler an der Huazhong Agricultural University in China haben mit CRISPR/Cas in Reis ein Gen ausgeschaltet, welches für die Aufnahme von Arsen in die Pflanze verantwortlich ist. Durch die herbeigeführte Mutation verringerte sich die Aufnahme von Arsen in die Pflanze und die Arsen-Einlagerung im Reiskorn.

Pflanzenentwicklung

  • verbesserte Aufnahmefähigkeit für Stickstoff. In den USA ist ein gv-Reis entwickelt worden, der durch Übertragen eines Gens aus Gerste mehr Stickstoff aus dem Boden aufnehmen kann. Dadurch sollen zum einen die Kosten für Dünger reduziert, zum anderen der Treibhauseffekt gemindert werden. Durch die intensive Stickstoffdüngung im Reisanbau gelangen erhebliche Mengen des Treibhausgases Stickstoffoxid in die Atmosphäre.

  • C4-Reis: C4-Pflanzen wie etwa Mais oder Zuckerrohr können bei der Photosynthese Kohlendioxid besser verwerten. Sie wachsen daher schneller und bilden mehr Biomasse. 2012 hat am IRRI ein internationales Forschungsprojekt begonnen mit dem Fernziel, die C3-Pflanze Reis in eine C4-Pflanze umzuwandeln. Derzeit werden vor allem Grundlagen erforscht und es ist offen, ob das Projekt zu verwertbaren Ergebnissen führt.

  • Ertragssteigerung und Stresstoleranz. Ein US-amerikanisches Forscherteam hat in Reis ein Protein entdeckt, das eine ganze Reihe regulatorischer Gene steuert und so eine wichtige Rolle spielt bei der Photosynthese sowie auch der Anpassung an Stress. Im Laborversuch ließ sich bei gentechnisch veränderten Reispflanzen, die dieses Protein verstärkt produzieren, der Ertrag um fast 30 Prozent steigern. Am John Innes Centre in Großbritannien wurde ein gv-Reis entwickelt, der mehr Stickstoff, Eisen und Phosphor aufnehmen kann und somit bis zu 54 Prozent mehr Ertrag bringt. Dies wurde erreicht durch verstärkte Bildung eines Proteins, das der Pflanze hilft, pH-Schwankungen der Umgebung auszugleichen.

Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen

  • Molecular Pharming: Gentechnisch veränderte Reispflanzen sollen als Produktionssystem für Arzneimittelwirkstoffe genutzt werden. So ist in den USA ein gv-Reis entwickelt worden, der in seinen Körnern Lysozym und Lactoferrin produziert. Diese Substanzen sind normalerweise in der Muttermilch vorhanden und schützen Kleinkinder vor Infektionserkrankungen. Der Wirkstoff wird bisher nur aus Pflanzen aus experimentellen Freisetzungsversuchen gewonnen und darf ausschließlich zu Forschungs- und Diagnostikzwecken verwendet werden.

  • In Spanien wurde für 2019 ein Freilandversuch mit verschiedenen Reislinien beantragt, die Wirkstoffe gegen das HIV-Virus bilden. Ebenfalls in Spanien wurde ein Reis entwickelt, der das Enzym Glucocerebrosidase produziert, das bei Morbus Gaucher (einer erblichen Fettstoffwechselkrankheit) eingesetzt wird.

  • In Japan wurde ein gv-Reis entwickelt, der einen Impfstoff bildet gegen Allergien gegenüber dem Pollen der Japanischen Zeder. 2015 wurde mit klinischen Studien am Menschen begonnen.

  • In China wurde Reis gentechnisch so verändert, dass er Humanalbumin produziert. Dies ist ein Bestandteil des menschlichen Blutes. Humanalbumin wird bisher aus Blutplasma gewonnen und ist knapp und teuer.

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