15.10.2020
Rechtliche Grundlagen und Verfügbarkeit von Ökosaatgut
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Die Verwendung von Saat- und Pflanzgut ist in den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau klar geregelt: Wenn ökologisch vermehrtes Saat- oder Pflanzgut verfügbar ist, muss solches verwendet werden. Dies gilt nicht nur für ein- oder mehrjährige Kulturen, die als Nahrungsmittel angebaut werden, sondern auch für reine Gründüngungspflanzen oder nachwachsende Rohstoffe (zum Beispiel zum Einsatz in Biogasanlagen).
Nicht für alle Sorten steht ökologisch vermehrtes Saat- oder Pflanzgut zur Verfügung. Foto: Dominik Menzler, BLE
Was ist ökologisches Pflanzgut und Saatgut?
Saatgut und Pflanzgut ist laut EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau dann ökologisch anerkannt, wenn es ökologisch vermehrt wurde. Das heißt, es muss von Pflanzen stammen, die mindestens seit einer Generation nach ökologischen Regeln angebaut wurden. Bei ausdauernden Kulturen wie Wein oder Obst müssen die Elternpflanzen sogar zwei Wachstumsperioden ökologisch bewirtschaftet worden sein. Ökologisches vermehrtes Saat- oder Pflanzgut darf auch aus der Umstellung stammen.
Gentechnik ist nicht erlaubt
Generell gilt für Ökosaat- und Pflanzgut: Es darf nicht mit gentechnischen Verfahren gewonnen werden. Strittig ist hierbei bislang jedoch noch, was als gentechnisches Verfahren angesehen wird. So wird beispielsweise die Zellfusionstechnik laut EU-Freisetzungsrichtlinie und deutschem Gentechnikgesetz nicht der Gentechnik zugeordnet. Somit sind daraus entstehende CMS-Hybriden nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau erlaubt. Die ökologischen Anbauverbände sehen die Zellfusionstechnik hingegen als unvereinbar mit den Prinzipien des ökologischen Landbaus und verbieten daher in ihren Richtlinien die Verwendung von CMS-Hybridsaatgut.
Nicht alles und immer verfügbar
Die Verfügbarkeit von Ökosaatgut und -pflanzgut hat sich in den letzten Jahren immer weiter verbessert. So ist heute für die Hauptgetreidearten in der Regel immer ökologisch vermehrtes Saatgut verfügbar. Auch für Kartoffeln ist die Versorgungslage durchweg gut, genauso wie für marktgängige Sorten zahlreicher Gemüsearten. Dennoch gibt es nach wie vor viele Sorten, für die ökologisch vermehrtes Saat- und Pflanzgut (noch) nicht oder nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht. Oder aber die angebotenen Sorten eignen sich nicht für den Anbau. In solchen Fällen darf ausnahmsweise auch konventionelles Saatgut verwendet werden, wenn dieses nicht mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln gebeizt ist.
Verfügbarkeit (online) prüfen
Ob Ökosaatgut oder -pflanzgut gerade verfügbar ist oder nicht, können Landwirtinnen und Landwirte schnell und einfach über die Internetdatenbank organicXseeds.de herausfinden. Diese wird vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) verwaltet und laufend aktualisiert. Zur Datennak: www.organicXseeds.de
Wann darf konventionelles Saat- und Pflanzgut verwendet werden?
In Ausnahmefällen kann eine Genehmigung für die Verwendung von konventionell vermehrtem Saatgut erteilt werden. Und zwar dann, wenn
keine Sorte einer entsprechenden Kultur in Ökoqualität in der Datenbank aufgeführt ist,
nachweislich keine der gelisteten Sorten für den Erzeuger geeignet ist oder
die gewünschte Sorte nicht geliefert werden kann.
Trifft ein solcher Fall zu, muss ein individueller Einzelgenehmigungsantrag an die zuständige Ökokontrollstelle gestellt werden. Dies kann in der Regel über die Internetdatenbank organicXseeds.de abgewickelt werden. Bei fehlendem Internetzugang können sich Landwirtinnen und Landwirte an die Kontrollstelle wenden. Wichtig ist, dass die Ausnahmegenehmigung noch vor der Aussaat beziehungsweise Pflanzung eingeholt wird.
Für Sorten, für die schon absehbar ist, dass kein oder nur sehr wenig geeignetes Ökosaatgut oder -pflanzgut verfügbar ist, gibt es ein vereinfachtes Ausnahmegenehmigungsverfahren. Solche Sorten werden in sogenannten Allgemeinverfügungslisten geführt, die in der Onlinedatenbank organicXseeds.de heruntergeladen werden können. Für Sorten mit Allgemeinverfügung ist kein Antrag auf Genehmigung zum Gebrauch von konventionellem Saatgut an die Kontrollstelle nötig. Die Verwendung des konventionellen Saatguts muss allerdings bei der Betriebskontrolle ausgewiesen werden können. Dazu reicht ein Ausdruck aus der Datenbank, der bestätigt, dass die verwendete konventionelle Sorte nicht in ökologischer Qualität verfügbar war.
"Echte" Ökosorten aus ökologischer Züchtung noch rar
Die Entwicklung echter Ökosorten ist wichtig, denn konventionelles Saatgut passt oft nur eingeschränkt zu den Erfordernissen des ökologischen Landbaus. Foto: Dominik Menzler, BLE
Eine vollständig ökologische Pflanzenzucht ist noch nicht für alle Nutzpflanzenarten verfügbar. Daher geht auch ökologisch vermehrtes Saat- und Pflanzgut bislang meist auf eine konventionelle Züchtung zurück. Die Biobranche arbeitet aber daran, diesen Zustand zu ändern. Denn konventionell entwickeltes Saatgut passt oft nur eingeschränkt zu den Erfordernissen des ökologischen Landbaus.
Die Züchtung neuer Sorten ist jedoch langwierig und teuer und es fehlen bislang noch die finanziellen Mittel, um den Förderbedarf in diesem Bereich zu decken. Diverse Initiativen wie zum Beispiel der Saatgutfonds zur Förderung der Ökozüchtung haben aber schon vieles auf den Weg gebracht. Seit der Gründung 1995 sind aus der durch den Saatgutfonds geförderten Züchtungsforschung über 80 Getreide- und Gemüsesorten hervorgegangen, die durch das Bundessortenamt anerkannt wurden. Der Bedarf an Sorten aus ökologischer Züchtung ist jedoch nach wie vor groß.
Quelle: www.oekolandbau.de / Copyright BLE