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19.11.2019

Mais 2019 – Trockenheit und Hitze

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N.U. AGRAR GMBH - ALLGEMEIN

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Wer gedacht hatte, ein so trockenes und extremes Jahr wie 2018 würde sich so schnell nicht wiederholen, wurde 2019 eines Besseren belehrt. Die Maisbestände mussten landauf, landab mit Trockenstress kämpfen. Regional kam es zu dramatischen Ertragseinbrüchen. Wie 2018 stresste vor allem der viel zu heiße und trockene Juni vor der Maisblüte die Bestände.

Die Ausgangssituation war aber 2019 ungleich besser als 2018, als allein die schlechte Bodenstruktur aus dem nassen Herbst 2017 das Debakel vorprogrammierte. Im Frühjahr 2019 waren die Böden überall in einem top Gare-Zustand, wenn auch nicht immer wassergesättigt. Trotzdem hätten die Niederschläge im Mai den Wasserbedarf der kleinen Maispflanze bis zur Blüte abdecken müssen, selbst auf den meisten Flächen in Brandenburg.

Es ist nicht zu verstehen, warum vielerorts die gleichen Fehler wie 2018 gemacht wurden:

  • zu späte, zögernde Saat,

  • zu tiefe, vor allem zu intensive und damit wasserzehrende Bodenbearbeitung,

  • zu aggressiver Herbizideinsatz.

Dort wo die Konsequenzen aus 2018 gezogen wurden,

  • Anbau deutlich späterer Dent-Genetik,

  • Düngungs- und Bodenbearbeitungsmaßnahmen oft schon im März,

  • so dass Anfang April mit der Aussaat begonnen und diese auch zügig beendet wurde,

hatte der Mais einen entscheidenden Vorteil bzw. Vorsprung: Er konnte noch unter den sonnig-warmen Bedingungen in der Woche nach Ostern (bis 26.04.) auflaufen.

Rechtzeitige Maisaussaat mit besserer Stresstoleranz

Dadurch war seine Stresstoleranz viel ausgeprägter als nach späterer Saat, die erst bei kühl bedecktem Wetter aufliefen. Die Stresstoleranz des früh aufgelaufenen Mais wurde ab Mitte Mai durch 2 Nächte mit Frösten gefordert.

Optisch sahen die früh aufgelaufenen Bestände stärker geschädigt aus als die Spätsaaten, erholten sich aber viel schneller und hatten zur Ernte keine Mängel in der Kolbenausbildung. Diese zwei Wochen anhaltende Kälteperiode im Mai, und nicht die Trockenheit, verzögerte die Ausreife und verhinderte eine weitere Rekordernte im Süden.

Bei der Bodenbearbeitung vor der Maisaussaat wird wegen der Gülleausbringung viel zu viel Wasser vergeudet. Nicht selten begrenzt die Kapazität der Gülleausbringung den Saatverlauf der großen Betriebe. Dadurch wird viel Ertrag verschenkt.

Frühe Saat und damit früher Feldaufgang ist in trockenen Jahren wie 2018 und 2019 der alles entscheidende Faktor! Das verlangt mehr Schlagkraft und Leistung bei der Sätechnik.

Viele Betriebe bestellten saatfertige Flächen oft erst mit großem Abstand, z.T. bis zu zwei Wochen, nach der letzten Bodenbearbeitung. In den fast ausgetrockneten Boden wurde das Saatgut dann viel zu tief abgelegt, um Anschluss an das Kapillarwasser zu bekommen. Das war vergebliche Liebesmüh. Auf den Sandbüchsen in der Altmark und in Brandenburg muss unter kritischen Bedingungen das Sägerät der Bodenbearbeitung auf dem Fuß folgen. Wenn das nicht möglich ist, muss die Saatbett-bereitung gestoppt werden und gewartet werden, bis das Sägerät aufgeschlossen hat. Nichts anderes geschieht in den Trockengebieten im Mittleren Westen der USA.

Früher Feldaufgang fördert Kolbenanteil und Kolbenreife

Die Reaktionen der Maispflanze basieren einerseits auf dem Verhalten als Kurztagspflanze und andererseits in der Entwicklung der weiblichen und väterlichen Seite in der Maispflanze je nach Feldaufgangstermin (Tageslänge) und -bedingungen (sonnig, warm oder bedeckt, kühl). Bei frühem Feldaufgang mit kürzerer Tageslänge werden mehr Gene des sich später entwickelnden Elternteils exprimiert. Aus diesem Grund schwanken auch die Heterosiseffekte bei der Hybridpflanze Mais in verschiedenen Merkmalen.

Der spätere Elternteil ist bei frühen Sorten mit Flint x Dent-Charakter meist die Dent-Mutter. Das ist der Grund, warum bei frühem Feldaufgang selbst Hartmaissorten plötzlich einen starken Zahn-maiseinschlag zeigen. Da die mütterliche Seite der Maispflanze die Kolbenleistung verkörpert, profitiert vor allem die Kolbenleistung bei einer stärkeren Betonung der mütterlichen Dent-Seite. Dieser starke Ausschlag zugunsten einer forcierten Entwicklung der mütterlichen Seite ist umso stärker, je später die Mutterlinie im Verhältnis zur Vaterlinie ist. Damit profitieren von frühen Feldaufgängen vor allem Sorten mit späten Dent-Mutterlinien.

Die mütterliche Seite der Maispflanze, der Kolben, gibt auch die Entwicklung des Kolbens vor und legt damit den späteren Reifeverlauf fest. Deshalb beschleunigt ein früher Feldaufgang die Kolben-reife. Ein früher Feldaufgang führt beim Silomais zu höheren Kolbenanteilen und damit zu höheren TS-Werten. Das war 2018 und 2019 der Fall, obwohl die Restpflanze noch grün geblieben war.

Warum ist das so?

Bei kürzerer Tageslänge während des Feldaufgangs ist der Hellrot-Anteil des eingestrahlten Lichts höher. Hellrotes Licht ist kurzwelliges Licht, dunkelrotes Licht ist langwelliges Licht (680 bzw. 720 mm Wellenlänge). Späte, leistungsstarke Sorten bzw. Elternlinien sind stärker an kurzwelliges Licht, also an den Kurztag angepasst, als frühe Sorten bzw. frühe Elternlinien. Ist also der Anteil des kurz-welligen Lichts beim Feldaufgangs-Termin höher, prägen sich die Eigenschaften des späteren Eltern-teils stärker aus, sowohl im Phäno- als auch im Genotyp. Wenn die spätere Elternlinie eine Dent-Mutter ist, wird damit die Kolbenleistung und die Reife gefördert. Kommt zum frühen Feldaufgang dann auch noch sonniges Wetter, wird diese Reaktion verstärkt.

Etwas differenzierter ist das Reaktionsmuster bei reiner Zahnmaisgenetik.

Im Gegensatz zu Flint x Dent-Mischtypen kommen bei reinen Dent-Typen inzwischen auch Sorten auf den Markt, deren Mutterlinie früher ist als die Vaterlinie. Diese Sorten haben dadurch die positive Eigenschaft, dass die mütterliche Seite der väterlichen Seite immer voraus ist. Bei einem frühen Feldaufgang wird die spätere Seite gefördert, es ist in diesem Fall die väterliche Seite. Damit kommt es zu einer insgesamt viel früheren Blüte, ohne dass die väterliche Seite (Fahne) zu früh wird. Es kommt dann zu einer deutlichen Förderung der Kornausreife, weniger des Ertragspotenzials.

Das war der Grund, warum die Kornausreife gerade bei den späten Dent-Sorten ab FAO 260/270 im Jahr 2018 und 2019 nach frühem Feldaufgang oftmals so gut war. In diesem Zusammenhang ist aktuell der Zuchtfortschritt der frühen Dent-Genetik (unter FAO 250) mit den Händen zu greifen. Versuchten die Züchter bisher die Hybriden mit späten Dent-Mutterlinien durch (sehr) frühe Dent-Vaterlinien früher zu machen, haben aktuelle (frühe) Dent-Sorten eine frühe Mutterseite und eine eher späte Vaterseite. Das bringt einen deutlichen Gewinn in Punkto Kolbenertragssicherheit auch unter Stress-bedingungen bringt. Grundsätzlich reagiert die väterliche Seite (die Restpflanze bzw. der vegetative Teil der Maispflanze) stärker auf Stress als die mütterliche Seite (generative Seite, vor allem der Kolben).

Jeder Stress, egal zu welchem Zeitpunkt in der Vegetation, führt zu einer beschleunigten Entwicklung des früheren Elternteils bzw. des wüchsigeren Elternteils. Bei Flint x Dent-Mischtypen ist das, wie gesagt, meist die väterliche Seite. Deshalb führte die Kälteperiode im Mai 2019 zu einer schnelleren Entwicklung der väterlichen, vegetativen Seite. Diese war dann zu schnell für die späte Mutterseite.

Durch Trockenstress, wie im Juni 2018 und 2019 wird der Entwicklungsunterschied noch größer. Es kommt dann zu den oft beobachteten Einkörnungsproblemen bis hin zu kolbenlosen Pflanzen mit sehr kurzen Restpflanzen.

Züchtungsfortschritt durch frühe Mütter und späte Väter

Neue frühreife, reine Dent-Typen, z. B. KWS 2322, KWS Gustavius, P 7460, P 7515 oder die Flint x Dent-Mischtypen wie der DKC 2684 und DKC 2788 haben eine sehr frühe mütterliche Seite und relativ späte väterliche Seiten.

Im Gegensatz zu den bisherigen frühen Dent-Typen, bei denen Kälte in der Jugendphase die väter-liche Seite zu schnell werden ließ, ist das bei den o. g. neuen Sorten nicht mehr der Fall. Es scheint sogar das Gegenteil einzutreten, dass die (wüchsigere) mütterliche Seite durch den Kältestress noch schneller und damit früher wird und nicht die väterliche Seite. Wenn sich diese Beobachtungen aus 2019 mit einem kalten Mai bestätigen, dann ist im frühen Dent-Körnermaisbereich ein Sprung im Ertrag und noch mehr in der Reife zu erwarten. Damit kann Körnermais auch im Norden und Nordosten bis 25 % Wassergehalt ausreifen.

Der Zuchtfortschritt im Körnermais ist demnach weniger mit späten Dent-Müttern, als mit frühen Dent-Müttern zu erreichen.

Mit den genannten neuen frühen Dent-Sorten wird auch das Vorurteil widerlegt, dass Zahnmais eine schlechtere Jugendentwicklung bzw. eine höhere Stressempfindlichkeit in der Jugend haben muss.

Auf jeden Fall bringt eine spätere Blüte eine höhere Trockentoleranz, sofern die späte Blüte sorten-bedingt ist und nicht durch einen späten Aufgang verursacht wird. Allerdings gibt es unter unseren Breitengrad- bzw. Tageslängenverhältnissen auch Grenzen, wenn späte Sorten so spät angebaut werden, dass sie in warmen Jahren erst im August zur Blüte kommen.

Späte Blüte verlängert Zeitraum der Kronenwurzelanlage - Maispflanze als Sammeltrichter

Eine späte männliche Blüte (Pollenabgabe der Fahne) bewirkt eine bessere Trockentoleranz auch, weil der Zeitraum der Kronenwurzelanlage bis zur männlichen Blüte andauert.

Erst ab der Blüte werden keine neuen Kronenwurzeln mehr ausgebildet. Die bis zur Pollenabgabe am 3. (und sogar 4.) Knoten ausgebildeten Kronenwurzeln wurzeln oberflächennah, während die Kronenwurzeln des 1. und 2. Knotens meist unterhalb der Bodenoberfläche in die Tiefe wachsen, vor allem bei Trockenheit. Diese oberflächennah wurzelnden Kronenwurzeln des 3. (und 4.) Knotens können selbst geringe Regenmengen von 1 bis 5 mm eines Regenschauers in trockenen Sommern wie 2018 und 2019 ausnutzen. Begünstigt wird das durch den wie eie Trichtersystem wirkenden Blattapparat der Maispflanze, der den Regen sammelt und die Bodenfeuchte in unmittelbarer Stängelnähe anhebt, wo die Durchwurzelung am intensivsten ist. Frühblüher bilden diese oberflächennahe Wurzelmasse nicht. Geringe, sporadisch fallende Niederschläge in trockenen Sommern werden dadurch nicht genutzt.

Der Süden ist im Vorteil

Im Süden nimmt der Anteil des kurzwelligen Lichts zu. Deshalb sind dort die zuerst angelegten Internodien kürzer als im Norden, und zwar umso kürzer, je früher der Feldaufgang ist und umso intensiver die Strahlung während des Feldaufgangs ist. Die Wahrscheinlichkeit einer oberflächen-nahen Durchwurzelung ist deshalb im Süden höher als im Norden, weil die Stängelknoten 3 (und 4) näher am Boden sind. Aus diesem Grund konnten 2018 und 2019 nach früher Aussaat mit spät blühenden Sorten im Süden Kornerträge von 140 bis 160 dt/ha Trockenware erzielt werden. Sorten, die später blühen und mehr oberflächennahe Wurzeln ausbilden, konnten sich über den trockenen Sommer hinüberretten, bis dann im Spätsommer stärkere Niederschläge fallen.

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