01.09.2020
Forschungsziel: Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen
TRANSGEN - FORUM BIO - UND GENTECHNOLOGIE E.V.
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Wasser ist eine immer knapper werdende Ressource. Schon heute fließen weit mehr als zwei Drittel des weltweiten Wasserverbrauchs in die Landwirtschaft. Zudem werden mit dem Klimawandel Dürreperioden häufiger. Ein effizienterer Umgang mit Wasser ist daher ein wichtiges Ziel - für die Landwirtschaft weltweit, aber auch für Pflanzenforscher und -züchter. Ob mit oder ohne Gentechnik: bis zu neuen dürretoleranten Pflanzensorten ist es ein weiter, schwieriger Weg. Doch inzwischen zeichnen sich erste Erfolge ab.
In vielen Regionen ist Wasser der limitierende Faktor für die Landwirtschaft. Es kann nur die Menge erzeugt werden, für die das Wasser ausreicht. Wenn keine neuen Wasserquellen erschlossen werden können, dann ist der einzige Weg zu besseren Ernten, das vorhandene Wasser so effizient wie möglich zu nutzen.
Ein Patentrezept dafür gibt es nicht: Mit besseren Bewässerungssystemen lassen sich Verluste in Folge von Verdunstung oder Leckagen oft erheblich reduzieren. Die Landwirte können durch angepasste Kulturarten, geeignete Fruchtfolgen und Bearbeitungsverfahren die Austrocknung und Erosion des Bodens vermindern. Notwendig ist aber auch die Entwicklung von Pflanzen mit hoher „Wassernutzungseffizienz“, die möglichst viel Biomasse mit wenig Wasser produzieren.
Schon länger ist eine bessere Toleranz gegenüber Trockenheit oder anderen Stressfaktoren wie Hitze, Salz oder Kälte zu einem wichtigen Ziel in der Pflanzenzüchtung geworden. Doch es ist alles andere als einfach, neue Sorten mit deutlich verbesserten Stress-Eigenschaften zu züchten.
Anders als manche Resistenzen gegen Krankheiten und Schädlingen wird Trockentoleranz nicht durch einzelne Gene bestimmt, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher genetischer Faktoren. Hinzu kommt, dass sich die verschiedenen Stressantworten in der Pflanze untereinander beeinflussen oder sich auf die Produktivität auswirken. Oft sind stresstolerante Pflanzen weniger ertragreich.
Eine einfache Selektion von Pflanzen auf ein bestimmtes Stresstoleranz-Merkmal ist schwierig, da der dafür verantwortliche „genetische Hintergrund“ nicht vollständig an die Nachkommen weitervererbt wird. Ein Problem ist auch, dass bei Kreuzungen zwischen stresstoleranten Linien und Kultursorten diese ihre positiven Eigenschaften - etwa in Bezug auf Produktqualität oder Anbau - verlieren können. Eine bessere Stresstoleranz soll zudem nicht mit Ertragseinbußen erkauft werden. So sollen trockentolerante Sorten zwar bei Wassermangel bessere Erträge liefern als konventionelle Sorten, jedoch nicht schlechter sein, wenn ausreichend Wasser vorhanden ist.
Wie Pflanzen auf Stress reagieren - die Suche nach dem genetischen Hintergrund
Derzeit wird auf dem Gebiet der Stresstoleranzen von Pflanzen noch viel Grundlagenforschung betrieben. Wenn sich die Umweltbedingungen ändern, reagieren Pflanzen mit komplexen Anpassungsstrategien. So weiß man, dass manche Pflanzenarten bei Trockenheit ihr Wurzelwachstum intensivieren, um an Wasser in tieferen Bodenschichten heranzukommen. Andere Pflanzen stellen dagegen das Wachstum ein. Ein weiterer Mechanismus sind die Spaltöffnungen (Stomata) an der Blattunterseite, mit denen Pflanzen ihre Kühlung regulieren und die bei Wassermangel geschlossen werden. Versuche zeigen, dass sich über diesen Vorgang die Wassereffizienz einer Pflanze deutlich verbessern lässt. Allerdings führen geschlossene Stomata auch zu einer Verringerung der Fotosynthese.
Bei manchen Pflanzenarten sind verschiedene Schlüsselproteine oder Hormone identifiziert worden, welche bei der Stressantwort eine wichtige Rolle spielen. Wenn es gelingen würde, die Produktion dieser Anti-Stress-Substanzen zu verstärken, könnten Pflanzen heiße oder trockene Perioden besser überstehen.
Zunächst geht es darum, diese verschiedenen Mechanismen molekularbiologisch zu verstehen und herauszufinden, welche Gene und Genelemente sie steuern. Das ist oft sehr komplex. Doch inzwischen weiß man eine ganze Menge, und die Züchter haben begonnen, dieses Wissen zu nutzen, um stressfestere Sorten zu entwickeln. Dabei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz - moderne molekularbiologische Kreuzungszüchtung, Gentechnik, aber auch die neuen Möglichkeiten des Genome Editings (CRISPR), mit denen punktgenaue Mutationen durchgeführt werden können.
Klassische Züchtung (Smart Breeding): Vor allem mit der modernen „Präzisionszüchtung“ - auch SMART Breeding genannt - sind in den letzten Jahren erstaunliche Fortschritte bei Sorten mit verbesserter Stresstoleranz erzielt worden. Wie bei allen Ansätzen ist auch hier eine intensive Genomforschung Voraussetzung: Man sucht in den Herkunftsregionen der jeweiligen Kulturarten nach seltenen, bisher kaum bekannten Wildarten oder Landrassen, die besonders gut an Trockenheit angepasst sind. Nun geht es darum, im riesigen Genom dieser Pflanzen genau jene Gene und Genabschnitte (Marker) zu identifizieren, die an der Ausprägung der Stresstoleranz beteiligt sind.
Wenn man dann solche Pflanzen mit Kultursorten kreuzt, läßt sich mit modernen molekularbiologischen Methoden in den Nachkommen überprüfen, ob das mit dem angestrebten Merkmal korrelierende Gen-Muster vorhanden ist. Mit diesen wird dann weitergezüchtet. Verschiedene Sorten mit so verbesserter Stresstoleranz und Wassereffizienz werden bereits angebaut.
Gentechnik: Trotz anfänglicher Enttäuschungen sind inzwischen bei mehreren Kulturarten gv-Sorten auf dem Markt, die zumindest unter moderatem Hitze- oder Dürrestress bessere Erträge liefern als vergleichbare konventionelle Sorten.
In den USA begann 2013 der Anbau von trockentolerantem DroughtGard-Mais. Inzwischen ist das entsprechende Genkonstrukt in zahlreiche Maissorten eingekreuzt, sie stehen auf etwa zwei Millionen Hektar (2018). Der Mais besitzt ein Gen aus Bakterien der Art Bacillus subtilis. Es sorgt für die Bildung des „Kälte-Schock-Proteins“, das in Stresssituationen wie Wassermangel dazu beiträgt, wichtige Zellfunktionen aufrechtzuerhalten.
In Argentinien ist eine im Rahmen der öffentlichen Agrarforschung entwickelte stresstolerante Sojabohne (HB4) seit 2015 für den Anbau zugelassen. Die neuen Eigenschaften gehen auf ein neu eingeführtes Gen aus der Sonnenblume zurück, welches die Ethylenbiosynthese und damit das Pflanzenwachstum unter Stress beeinflusst. In fünfjährigen Feldversuchen hatte sich gezeigt, dass die Erträge bei Trockenstress und hohem Salzgehalt um 14 Prozent höher lagen als bei herkömmlichen Sojabohnen. In Argentinien ist mit einem baldigen Start des kommerziellen Anbaus zu rechnen. Anbauzulassungen gibt es inzwischen auch in Brasilien, Paraguay und den USA.
Auch HB4-Weizen wird schon seit vielen Jahren in Argentinien, Paraguay, USA und auch in Spanien (2018) im Freiland getestet. Er zeigte auch unter Anbaubedingungen, die normalerweise den Weizen-Ertrag verringern würden, einen Ertragsvorteil. Nun wird eine baldige Anbauzulassung in Argentinien vorangetrieben. Diese wurde bislang nicht erteilt, da viele Länder dem Import von gentechnisch verändertem Weizen ablehnend gegenüberstehen. In keinem Land der Welt sind Anbau oder der Import von Gentechnik-Weizen bisher erlaubt.
Gv-Zuckerrohr mit einer erhöhten Trockentoleranz (NXI) haben staatliche Forschungseinrichtungen in Indonesien entwickelt. Hier wurde ein bakterielles Gen für ein Protein eingeführt, das Pflanzenzellen unter Trockenstress stabilisiert. Nach Tests im Freiland wurde das gv-Zuckerrohr 2013 für den Anbau zugelassen und wurde 2018 erstmals auf etwa 1340 Hektar staatseigenen Flächen angebaut, aber noch nicht zur Kommerzialisierung freigegeben.
Genome Editing (CRISPR/Cas): Was die neuen präzisen Genome Editing-Methoden („Genscheren“) leisten können, zeigt ein aktuelles Maisprojekt aus den USA. Durch gezielte, punktuelle Änderung an einem Schlüsselgen könnte es gelingen, auch komplexe Eigenschaften wie Trocken- oder Hitzetoleranz zu verbessern.
Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass ein bestimmtes Protein (ARGOS8) die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber dem Wachstumshormon Ethylen senkt. Produziert die Pflanze mehr ARGOS8-Protein, ist sie bei Stress robuster und stellt nicht wie sonst bei Wassermangel das Wachstum ein. Mit der CRISPR-Methode gelang es, den Schalter (Promotor) des ARGOS8-Gens so umzuschreiben, dass es auch unter Stressbedingungen aktiv bleibt. In ersten Feldversuchen zeigte sich, dass der so editierte Mais bei Trockenheit bessere Erträge liefert als vergleichbare konventionelle Sorten. Unter normalen Bedingungen blieben die Erträge dagegen unverändert. Das Unternehmen Corteva (früher: DuPont-Pioneer) plant eine Markteinführung in den nächsten 5 bis 10 Jahren.
Noch in einer früheren Entwicklungsphase befinden sich Sojabohnen, deren Trockentoleranz mit Hilfe von TALEN, einer anderen Genome Editing-Variante gesteigert werden soll. Fortgeschrittene Forschungsprojekte zu verbesserter Stresstoleranz gibt es zum Beispiel bei Reis, Weizen und Kichererbsen.