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20.01.2022

Die KlimaFarm kommt

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IDW - INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT

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Eva Sittig Presse, Kommunikation und Marketing, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Pilotprojekt zur ökologischen und ökonomischen Nassgrünlandbewirtschaftung auf Moorböden. Gemeinsame Pressemitteilung mit der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein.

Wie können für den Klimaschutz vernässte Moorböden von Landwirtinnen weiter genutzt werden und dabei ökonomisch attraktiv bleiben? Das wird in den nächsten zehn Jahren im Rahmen des Projekts KlimaFarm entwickelt und erprobt.

Im Verbund entwickeln hochkarätige Akteure aus Schleswig-Holstein in einem Pilotvorhaben eine ökonomisch und ökologisch tragfähige Nassgrünlandbewirtschaftung auf Moorböden. Die sogenannte Paludikultur soll Landwirtinnen eine attraktive Alternative bieten, die neue Wertschöpfung mit den beiden größten Herausforderungen unserer Zeit, den Kampf gegen den Klimawandel und den Schutz der Biodiversität, verbindet. Ziel ist es, dass sich Landwirtinnen vermehrt für diese Nassbewirtschaftung entscheiden, dafür den Wasserstand auf ihren Moorböden erhöhen und mit neuen Produkten Geld verdienen. Damit könnten jedes Jahr viele tausend Tonnen CO2-Emissionen aus den Moorböden vermieden werden. Gut fürs Klima und eine neue Perspektive für die Landwirtschaft.

Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 15,5 Millionen Euro, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) fördert das Vorhaben mit insgesamt rund 12,4 Millionen Euro. Durchführen wird es die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter Einbeziehung weiterer Partner. Zuständige Projektträgerin ist die Zukunft –Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH. Das Verbundprojekt ist am 17. Dezember 2021 gestartet und beginnt jetzt mit der Zusammenstellung der Teams und dem Aufbau eines landwirtschaftlichen Modellbetriebs für nasse Moorbewirtschaftungen (Paludikultur) in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg. Damit wird die Eider-Treene-Sorge-Niederung als Schleswig-Holsteins moorreichste Region zum Innovations-Hotspot für die Landwirtschaft auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft.

Moorbauern brauchen Alternativen

Mehr als 90 Prozent der Moorböden in Deutschland und Schleswig-Holstein wurden in den letzten Jahrhunderten entwässert, um sie vor allem landwirtschaftlich zu nutzen. Doch diese Landwirtschaft auf trockengelegten Moorböden trägt erheblich zum Klimawandel bei und steht heute vor großen Herausforderungen.

Entwässerte Moore geben laufend klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre ab, allein in Deutschland über 53 Millionen Tonnen jedes Jahr. Das sind sieben Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen, im moorreichen Bundesland Schleswig-Holstein beträgt der Anteil mit 3,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sogar 18 Prozent. Erhöht man den Wasserstand wieder, wird ein Großteil dieser Emissionen gestoppt, nach einiger Zeit können vernässte und renaturierte Moore sogar wieder aktiv CO2 aus der Atmosphäre speichern.

Zudem ist die aktuelle entwässerungsbasierte landwirtschaftliche Nutzung endlich, da die entwässerten Moorböden immer weiter absacken – bei zugleich steigendem Meeresspiegel. Das führt dazu, dass die Entwässerung immer aufwändiger und teurer wird, bis schließlich die Entwässerungskosten den Ertrag der Flächen übersteigen.

Zeit zu handeln. Die Landwirtinnen brauchen Alternativen für eine zukunftsfähige, klimaschonende Nutzung der Moorflächen.

Pioniere einer neuen Moorboden-Bewirtschaftung

Diese Alternativen werden auf der KlimaFarm gemeinsam von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und weiteren Akteuren aus Wissenschaft, Landwirtschaft sowie Moor- und Klimaschutz entwickelt. Dafür wird ein Modellbetrieb für die Nassgrünlandbewirtschaftung (Paludikultur) in Erfde, mitten im moorigen Herzen Schleswig-Holsteins, geschaffen.

Im Rahmen des Verbundvorhabens plant die Stiftung Naturschutz, auf trockengelegten landwirtschaftlich genutzten Moorflächen den natürlichen Wasserstand wiederherzustellen, darauf artenreiches Grünland als Paludikultur zu etablieren und mit der Nutzung der Biomasse neue Produkt- und Wertschöpfungsketten aufzubauen.

Wissenschaftler der CAU werden die Treibhausgasemissionen und die Biodiversität bei unterschiedlichen Wasserständen untersuchen, um weitere Erkenntnisse über eine klimaoptimierte Bewirtschaftung der Moorböden bei gleichzeitigem Artenschutz zu erlangen. Durch diese enge wissenschaftliche Begleitung der Wiedervernässung und Nassbewirtschaftung der Flächen auf der KlimaFarm wird eine breite Datengrundlage zur Treibhausgas-Emission aus Moorböden geschaffen, die für die Klimaschutzziele vieler moorreicher Länder weltweit relevant sind. Aus den Daten soll mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Vorhersage zukünftiger Treibhausgaseinsparungen auf Moorflächen möglich werden.

Schleswig-Holsteins Reichtum an Moorböden und seine hoch entwickelten Agrarstrukturen machen das Land zum optimalen Standort für dieses Projekt. Die Moorflächen bergen ein großes Potential für den Klimaschutz, den Artenschutz und die Landwirtschaft. Auf der KlimaFarm werden Techniken entwickelt, die diese Bereiche fruchtbar verknüpfen und Vorbild für Moor-Standorte in ganz Deutschland und Europa werden sollen. So positioniert sich Schleswig-Holstein nach Windkraft und Wasserstoff erneut als Pionier bei der Verknüpfung von Innovation und Klimaschutz.

Zitate:

Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke: „Wenn Deutschland klimaneutral werden will, müssen wir entwässerte Moore wiedervernässen und gleichzeitig neue Bewirtschaftungsformen voranbringen. Viele Landwirtinnen wollen ihren Beitrag zum Schutz von Klima und Artenvielfalt leisten, doch gerade auf den hoch klimawirksamen Moorböden fehlen gegenwärtig Alternativen, wie sich vernässtes Moor schonend und klimaverträglich bewirtschaften lässt und damit auch Erträge erzielt werden können. Deshalb wollen wir Projekte wie die auf der KlimaFarm unterstützen, damit Landwirtinnen auf Moorböden eine echte Wende hinbekommen und ihre wirtschaftliche Zukunft sichern können.“

Sandra Redmann, Vorsitzende der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein: „Wir bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein treiben die Renaturierung von Mooren seit mehr als 40 Jahre voran und sind echte Pioniere. Der Biologische Klimaschutz, der die Speicherung von Kohlenstoff und den Artenschutz auf der Fläche zusammenbringt, wurde von uns hier in Schleswig-Holstein entwickelt. Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, rund 12,4 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium nach Schleswig-Holstein zu holen und hochkarätige Wissenschaftlerinnen der Kieler Universität für die Klimagasmessungen ins Boot zu holen. Die jetzt gestartete Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Landwirtschaft, Produktion und künstlicher Intelligenz auf der KlimaFarm hebt auch für uns den Moorschutz auf das nächste Level. Das werden aufregende, produktive zehn Jahre, die eine neue Ära der Moorbodenbewirtschaftung einläuten!“

Prof. Simone Fulda, Präsidentin der CAU Kiel: „Ich gratuliere dem Konsortium zur Einwerbung dieses Projektes und insbesondere den beteiligten Kollegeninnen der CAU zu dieser offensichtlichen Würdigung ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen der letzten Jahre. Insbesondere die Förderdauer von zehn Jahren zeigt erhebliche Potentiale für die Agrar-, Biodiversitäts- und Klimaforschung in Kiel auf – das passt hervorragend in die Planungen zur Exzellenzstrategie der CAU und ist somit eine Riesenchance für die Wissenschaftsregion Schleswig-Holstein.“

Agrarwissenschaftler Prof. Friedhelm Taube von der CAU Kiel: „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren mit den internationalen Publikationen unserer Arbeiten zu den Treibhausgasemissionen auf intensiv bewirtschafteten Moorgrünlandstandorten in Schleswig-Holstein den Grundstein gelegt dafür, dass dieses Konsortium auch aufgrund wissenschaftlicher Exzellenz den Zuschlag bekommen hat. Mit den Fördermitteln des Bundes kann die Forschung über die Treibhausgas-Emissionen aus Moorböden auch mit innovativen Techniken der Grünlandnutzung auf ein neues Niveau gehoben werden. Unsere Erkenntnisse werden eine gute Grundlage für Entscheidungen in Landwirtschaft und Politik bereitstellen.“

Prof. Tim Diekötter, Biodiversitätsforscher an der CAU Kiel: „Die KlimaFarm leistet Pionierarbeit in der Entwicklung nachhaltiger Managementstrategien zum Schutz von Arten und Klima im Agrarland. Für hoch intensive Agrarstandorte wie Schleswig-Holstein gilt es, hierbei insbesondere die von Arten erbrachten Ökosystemdienstleistungen im Sinne einer ökologischen Intensivierung miteinzubeziehen und die regionale Multifunktionalität zu maximieren. Die Stellungnahme des Weltklimarats und des Weltbiodiversitätsrats zum gemeinsam zu denkenden Schutz von Klima und Biodiversität, unterstreicht den innovativen Ansatz des neuen Projektes.“

Quelle: idw-online.de

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