top of page

01.01.2021

Das Tier im Blick –Legehennen

Airfarm_logo_official_icon_only.png

DLG MERKBLÄTTER

Themen

Geflügel Grundlagen

partner4_edited.png

DLG-Merkblatt 380

1. Einleitung

Was ist tiergerecht? Zur Beantwortung der Frage, ob eine Haltung dem Tier gerecht wird, muss von der Biologie der Tiere ausgegangen werden, von ihren Ansprüchen und ihrer Anpassungsfähigkeit gegenüber der Umwelt. Erfüllt die Haltung bestimmte Ansprüche der Tiere nicht, kann ihre Anpassungsfähigkeit überfordert werden. In der Folge kommt es zu Einschränkungen des Wohlbefindens, Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere.

Die Ansprüche von Nutztieren und ihre Reaktionen auf eine Nichterfüllung derselbigen sind teilweise nicht direkt und deutlich erkennbar. Es gibt aber wissenschaftliche Methoden, ihre Ansprüche und eine überforderte Anpassungsfähigkeit zu erkennen. Mit diesen wird untersucht, ob sie ihre biologischen Funktionen aufrechterhalten können oder es etwa zu Erkrankungen oder Stressreaktionen kommt. Geprüft werden kann, ob die Tiere ihr arteigenes Verhalten zeigen können oder ob es zu starken Verhaltensabweichungen oder -störungen kommt.

Um ein vollständiges Bild der Auswirkungen einer Haltung auf die Tiere zu erhalten, müssen in der Regel mehrere Indikatoren berücksichtigt werden. Die Auswirkungen einer Haltung lassen sich also direkt anhand von derartigen tierbezogenen Indikatoren erkennen.

Die Kontrolle von Legehennenbeständen unterscheidet sich grundlegend von der Kontrolle von Großtieren, da Legehennen in sehr großen Gruppen und in sehr komplex strukturierten Systemen untergebracht sind. Allerdings sind Legehennenställe meist mit umfangreichen technischen Einrichtungen ausgestattet. Der hohe Mechanisierungsgrad (Futter- und Wasserversorgung, Eiersammeln, Kotbeseitigung) spart Arbeitskräfte ein und sollte dazu genutzt werden, die Tiere sorgfältig zu beobachten. Neben der direkten Beobachtung können auch technische Hilfsmittel genutzt werden, die Hinweise auf Risiken für das Tierwohl geben können.

Wie sich eine Haltung auswirkt, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich kommt es hier einerseits auf die Haltungstechnik an, beispielsweise auf die Ausgestaltung von Tränken oder auf die Bodenqualität. Andererseits spielt das Management eine entscheidende Rolle. Stimmt beispielsweise das Futter nicht, ist die Klimaführung schlecht eingestellt oder werden Fehler bei der Behandlung der Tiere gemacht, kann selbst ein ansonsten optimales Haltungssystem sich negativ auf die Tiere auswirken. Erkennen lässt sich dies nicht an der Haltungstechnik, sondern an den Tieren: An ihrem Verhalten und an ihrer Gesundheit.

Dieses Merkblatt möchte daher Hinweise geben, anhand welcher Indikatoren Sie an den Tieren erkennen können, ob alles in Ordnung ist und wo Haltungstechnik besser justiert oder Sie ihr Management optimieren können. In Anbetracht des weitgehenden Verzichts auf Schnabel kupieren bei Legehennen wird dem Erkennen von Federpicken und Kannibalismus eine besondere Bedeutung beigemessen.

2. Tierbeobachtung: Fehler erkennen – Ursachen finden

Bei routinemäßigen Kontrollgängen kann das allgemeine Verhalten der Tiere erfasst werden. So kann zum Beispiel festgestellt werden, ob die Tiere ruhig, apathisch, scheu oder nervös sind. Der Kontrollgang reicht jedoch nicht aus, um das Verhalten der Tiere genauer zu erfassen, da die Tiere durch den Betreuer abgelenkt werden. Es ist deshalb notwendig, dass sich der Beobachter für eine gewisse Zeit (15 – 20 Minuten) ruhig an einem Ort aufhält. Erst nach dieser Zeit gewöhnen sich die Tiere an seine Anwesenheit und gehen zum normalen Verhalten über. Neben den Beobachtungen während der Tageszeit ist es auch angezeigt, in gewissen Abständen, eine nächtliche Kontrolle durchzuführen. Dabei kann kontrolliert werden, ob die Sitzstangen genutzt werden oder ob die Tiere gegebenenfalls in den Nestern oder auf dem Kotgitter übernachten.

Eine umfassende Tierbeobachtung sollte daher zu einer regelmäßigen und standardisierten Arbeits- routine werden.

Dabei sind die Verhaltensmerkmale folgender Funktionskreise zu berücksichtigen:

  • Futteraufnahme

  • Fortbewegung

  • Sozialverhalten

  • Eiablage

  • Ruhen

3. Futteraufnahmeverhalten

Futter sollte ständig zur Verfügung stehen. Unter dieser Bedingung fressen nicht alle Tiere gemeinsam. Das gesetzlich vorgeschriebene Fressplatzangebot von 10 cm in der Bodenhaltung und 12 cm in der Kleingruppenhaltung reicht aus, um ein ungestörtes Fressen zu sichern. Auch in der Fütterungszeit, d. h. beim Laufen der Futterketten, werden lediglich 70 – 80 % der Tiere an den Trögen angetroffen. Meist fressen die Tiere nicht über lange Zeit am gleichen Platz, sondern wechseln den Futtertrog oder wechseln vom Trog zur Tränke. Drängen sich dennoch sehr viele Tiere an den gleichen Futtertrögen oder -bereichen, muss geprüft werden, ob Teile des Fütterungssystems ausgefallen oder nicht zugänglich sind. Das Futteraufnahmeverhalten wird auch durch eine attraktive, d. h. trockene und lockere Einstreu gefördert. Das Verteilen von Körnern in der Einstreu regt zum Picken an und kann zur Reduktion des Federpickens beitragen. Auch Heukörbe und Picksteine regen zum Picken an und lenken vom Federpicken ab.

Tabelle 1: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Futteraufnahme

3.1 Schwachstellen erkennen

Die Fütterung in Legehennenställen erfolgt in der Regel über automatisierte Systeme. Werden bestimmte Bereiche der Futterlinien nicht oder unzureichend mit Futter versorgt, kommt es zu einer hohen Tierkonzentration an den funktionierenden Stellen. Die Funktion des Systems muss deshalb mehrmals täglich geprüft werden.

Die Höhe der Tröge sollte auf Schulterhöhe der Tiere eingestellt werden. In langen Ställen kann aufgrund des Gefälles die optimale Höhe nicht in allen Bereichen gewährleistet werden. Durch Beobachtung der Tiere kann erkannt werden, ob das Futter bequem in allen Bereichen erreicht wird.

Abbildung 1: Der Trogrand sollte auf Schulterhöhe eingestellt sein. Die Höhe der Tränke hingegen sollte eher höher liegen, um den Tieren ein Trinken mit gestrecktem Hals zu erlauben (Quelle: Hinnenkamp, Big Dutchman)

Abbildung 2: Allen Tieren sollte, über den Tag hinweg gesehen, die benötigte Menge an Futter zur Verfügung stehen. Das Futtermanagement in der alternativen Haltung berücksichtigt allerdings Fütterungspausen, die es den Tieren ermöglicht, wenigstens einmal am Tag den Futtertrog restlos zu leeren. Damit wird die Aufnahme aller Partikel und Bestandteile der Futterration gewährleistet (Quelle: Hinnenkamp, Big Dutchman)

4. Fortbewegungsverhalten

Die häufigste Fortbewegungsart ist ruhiges Gehen. Intensivere Fortbewegungsarten treten beim Verfolgen von Artgenossen bzw. beim Fliehen vor Artgenossen auf. Sie sind in der Regel mit einer höheren Aggressionoder Unruhe im Stall verbunden. Heftige Ausweich- und Fluchtbewegungen werden in Herden mit hoher „Nervosität“ beobachtet. Ungewohnte Besucher oder Geräusche führen zur Flucht eines großen Teils der Herde. Panikausbrüche können auch ohne offensichtlichen Grund auftreten. Die Gründe für die Entwicklung der „Nervosität“ in einer Herde sind meist nicht bekannt. Es wird aber angenommen, dass eine reizarme Umwelt und ein zu geringer Kontakt mit Betreuern zur Nervosität beitragen. Erhöhte Aktivität ist auch ein Indikator für auftretendes Federpicken.

Abbildung 3: Mehretagige Bodenhaltung mit Anflugstangen

In der mehretagigen Bodenhaltung ist es wichtig, dass sich die Tiere ungestört durch die verschiedenen Ebenen bewegen können. Hierzu gehört ein Gehen ohne Behinderung auf der Kotgrube sowie ein sicheres Auf- und Abfliegen zu und von den Etagen und Nestern. Legehennen sind insbesondere beim Hinunterfliegen von Sitzstangen und Etagen unsicher. Abstürze von und Kollisionen mit diesen Einrichtungen stellen ein Risiko für Brustbeinschäden dar. Die Materialien der Sitzstangen und Etagen, von denen die Hennen wechseln, sollten daher ein sicheres Fußen ermöglichen (rutschsicher sein). Die Abstände in der horizontalen und vertikalen Ebene sollten 80 cm und die Winkel 45 ° nicht überschreiten. Gegebenenfalls können Rampen angebracht werden, um den Hennen einen sicheren Wechsel auf und zwischen den Etagen zu erleichtern. Um insbesondere ein sicheres Aufsuchen der nächtlichen Ruheplätze zu ermöglichen, sollte eine ausreichend lange Dämmerungsphase der Dunkelphase vorgeschaltet sein.

Tabelle 2: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Fortbewegung

4.1 Schwachstellen erkennen

Die Oberfläche der Sitzstangen darf nicht zu glatt sein. Sitzstangen auf den Nutzflächen (z. B. Kotgrube) sollten in einer Höhe angebracht werden, die bequem unterquert werden können.

Bereits in der Junghennenaufzucht müssen Sitzstangen in unterschiedlicher Höhe angebracht werden, damit sich die Tiere an die Bewegung in verschiedenen Ebenen gewöhnen und eine gewisse Sicherheit im Anfliegen der Sitzstangen mitbringen, wenn sie in die Legephase kommen. In der Höhe versetzte Stangen (im Winkel von ca. 45°) sowie Abstände in der horizontalen Ebene von < 50 cm erleichtern das sichere Wechseln der Tiere von Sitzstange zu Sitzstange sowie von Etage zu Etage. Die Lichtintensität muss ein sicheres Fliegen zulassen. Rampen vor den Etagen erleichtern das Auf- und Absteigen.

5. Sozialverhalten

Zwischen den Hühnern einer Herde bestehen Rangunterschiede, auch wenn sich in großen Herden die Hennen nicht mehr individuell kennen. Besonders bei der Zusammensetzung der Herde treten soziale Auseinandersetzungen auf. Später reichen meist Drohgesten aus, um die schwächere Henne zum Ausweichen zu bewegen. Länger anhaltende Kämpfe zwischen Hennen sind deshalb sehr selten. Allerdings treten häufige kurzzeitige Interaktionen auf, die durch Hacken auf der einen Seite und Aufschreien und Flüchten auf der unterlegenen Seite gekennzeichnet sind. Das Niveau der sozialen Auseinandersetzungen lässt sich deshalb relativ einfach durch die Häufigkeit des „Aufschreiens nach dem Gehackt-werden“ und des Flüchtens feststellen. Über soziale Auseinandersetzungen wird der Zugang zu knappen Ressourcen geregelt. Sie treten daher häufig während der Futteraufnahme in den ersten 2 h nach Tagesbeginn und vor Ende der Lichtphase auf. Des Weiteren kommt es vor, dass Engpässe im Zugang zu erhöhten Ebenen und zu Nestern von ranghohen Hennen kontrolliert werden. An diesen Stellen treten dann Auseinandersetzungen auf.

Tabelle 3: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Sozialverhalten

5.1 Schwachstellen erkennen

Durch Beobachtung der Herde lassen sich Defizite in Bezug auf den Fressplatz und die Herdenstruktur erkennen. Für ein ausreichendes Fressplatzangebot und ständiges Futterangebot muss gesorgt werden. Engpässe im Zugang zu erhöhten Ebenen und zu den Nestern müssen beseitigt werden. Beschäftigungsmöglichkeiten wie Heukörbe und Picksteine wirken ablenkend und reduzieren die Aggression.

6. Ruheverhalten

Zum Ruhen ziehen sich die Tiere in der Regel ca. 30 Minuten vor dem Ende der Lichtphase auf erhöhte Ebenen und Sitzstangen zurück. Legehennen bevorzugen es, in Gesellschaft mit ihren Gruppengenossinnen zu ruhen. Häufig trifft man deshalb sehr hohe Konzentrationen von Hennen in begrenzten Bereichen an. Da die soziale Distanz zwischen den Tieren in der Ruhephase sehr gering ist, treten in diesem Bereich keine ausgeprägten sozialen Auseinandersetzungen auf. Existieren jedoch Engpässe im Zugang zu dem Ruhebereich, kann es vorkommen, dass ranghohe Hennen den Rangniederen den Zugang verwehren. Dies muss durch Beobachtungen erkannt werden. Gegebenenfalls müssen zusätzliche Zugänge geschaffen werden.

Es ist nicht zu erwarten, dass alle Tiere nachts die Sitzstangen aufsuchen. In größeren Herden werden oftmals 10 – 20 % der Tiere auf der Kotgrube angetroffen, auch wenn genügend Sitzstangen vorhanden sind. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Teilweise können Verletzungen dafür verantwortlich gemacht werden, die die Bewegung der Tiere von einer Etage in die andere einschränken. Weitere Gründe können sein, dass die Sitzstangen nicht gut zu erreichen sind oder aufgrund ihrer Anordnung (Höhe, Winkel) oder der Beschaffenheit ihres Materials (mangelnde Trittsicherheit) nicht attraktiv sind. In Volieren ruhen viele Hennen insbesondere auf der höchsten Etage auch auf den Gittern zwischen den Sitzstangen während auf den unteren Etagen Sitzstangen frei bleiben. Dies dürfte daran liegen, dass die Hennen zum nächtlichen Ruhen möglichst hohe Orte aufsuchen und die Höhe des Ruheortes ihnen wichtiger ist als das Ruhen auf einer Stange. Sitzstangen sind bevorzugte Rückzugsgebiete für die Rote Vogelmilbe. Diese verbringt tagsüber die Zeit an der Unterseite oder wenn möglich in Ritzen oder Öffnungen der Sitzstangen. Mit Wellpappe, die aufgerollt in offenen Röhrchen unterhalb von Sitzstangen angebracht werden, lässt sich ein Befall mit Roter Vogelmilbe früh erkennen. Bei einer sehr schwachen Nutzung der Sitzstangen ist deshalb zu prüfen, ob ein Befall mit der Roten Vogelmilbe vorliegt.

Eine schlechte Nutzung der Sitzstangen tritt aber auch dann auf, wenn die Tiere in der Aufzucht nicht an Sitzstangen gewöhnt worden sind. Werden die Nester nach der nicht verschlossen, ziehen sich einige Hennen zum Ruhen auch dorthin zurück. Dies ist aus verschiedenen Gründen unerwünscht. Zum einen werden hierdurch die Nestböden mit Kot verschmutzt. Zum anderen kann es durch das Zusammendrängen in einzelnen Nestern zum Tod durch Ersticken oder durch Überhitzung kommen. Gelegentlich sind deshalb nach Beginn der Dunkelphase Kontrollen im Stall nötig. Zur Verhinderung dieses Problems ist zu empfehlen, dass die Nester mit Austriebsvorrichtungen ausgestattet sind.

Abbildung 4: Legehennen suchen zum Ruhen bevorzugt hohe Sitzstangen auf. Rampen erleichtern das Wechseln zwischen den Ebenen und beugen Unfällen vor (Quelle: van der Linde, LWK NRW)

Tabelle 4: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Ruheverhalten

7. Ausscheidungsverhalten

Legehennen setzen im Abstand von ca. 2 h Kot ab. Das Verhalten an sich ist schwer zu beobachten. Es ist jedoch zu empfehlen, täglich eine bestimmte Anzahl frischer Kothäufchen zu beurteilen. Abweichungen der Kotkonsistenz, insbesondere flüssiger oder gelblich-grün gefärbter Kot weisen auf Krankheiten hin. Blutspuren im Kot können auf Kokzidiose hinweisen.

Tabelle 5: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Ausscheidungsverhalten

7.1 Schwachstellen erkennen

Bei zu knapp bemessener Kotgrubenfläche wird zu viel Kot im Einstreubereich abgesetzt und die Einstreu lässt sich nicht trocken halten. Es bilden sich Platten, die regelmäßig gelockert werden müssen. Tröge und Tränken sollten prinzipiell über der Kotgrube bzw. in den Volierenetagen positioniert werden. Nippeltränken mit Wasserauffangschalen verhindern Tropfwasser. Feuchter, unstrukturierter Kot entsteht durch erhöhte Wasseraufnahme. Ursache können beispielsweise erhöhte Mineralstoffgehalte (z. B. Natrium) infolge einer Entmischung mehlförmigen Futters sein. Schmieriger Kot haftet auf Scharr- und Nestmatten sowie auf Sitzstangen und trocknet schlecht ab. Kot wird von den Hennen auch während des Sitzens auf den Sitzstangen abgesetzt. Daher müssen diese so angebracht werden, dass kein Kot durch den Boden auf die darunter gelegenen Ebenen fallen kann, sondern in den Kotkasten bzw. auf das Kotband unter den Volierenetagen. Sitzstangen im beziehungsweise oberhalb des Einstreubereiches werden daher nicht anerkannt.

8. Körperhaltung

Gesunde Hennen tragen den Kopf hoch und beobachten aufmerksam ihre Umgebung. Kranke Hennen sind apathisch, ziehen den Kopf ein, knicken in den Sprunggelenken ein oder bleiben bei Annäherung sitzen. Das Gefieder ist häufig leicht gesträubt. Dieses Verhalten wird allgemein als „trauern“ bezeichnet.

Tabelle 6: Wichtige Indikatoren im Bereich Körperhaltung

8.1 Schwachstellen erkennen

Kranke und verletzte Tiere ziehen sich oft an schwer einsehbare Orte zurück. Nester und Ecken sind deshalb täglich zu prüfen.

9. Komfortverhalten

Zum Komfortverhalten gehören Federputzen, Federschütteln, Flügel- und Beinstrecken sowie das Sandbaden. Komfortverhalten tritt oft zwischen den Fressphasen und in den Ruhephasen auf. Diese Verhaltensweisen deuten auf einen ungestörten Zustand der Herde hin.

Tabelle 7: Wichtige Indikatoren im Funktionsbereich Komfortverhalten

9.1 Schwachstellen erkennen

Außerhalb der Hauptfutteraufnahmephasen sind regelmäßig sich putzende Hennen und sandbadende Hennen anzutreffen. Dieses Verhalten wird in nervösen, unruhigen Herden unterdrückt. Die Ursachen für die Unruhe können Krankheiten oder starker Milbendruck sein.

10. Unspezifische Verhaltensäußerungen

Hühner haben ein reichhaltiges Repertoire an Lautäußerungen. Der erfahrene Legehennenhalter erkennt an den Lautäußerungen positive und negative Stimmungen in der Herde. Als positiv werden ruhige, lang gezogene Gakellaute beurteilt. Das Fehlen der gleichmäßigen Gakellaute deutet auf Futter- und Wassermangel oder auf Gesundheitsstörungen hin. Bei plötzlichen Störungen, aber auch vor und nach der Eiablage, tritt häufig das laute Gackern auf, das sich in der raschen Abfolge der Gackerlaute sowie in der Lautstärke vom Gakeln unterscheidet. Gerät die gesamte Herde in Erregung, kann das Gackern einen außerordentlich hohen Lärmpegel verursachen. Dieser Zustand kann in großen Herden in Bodenhaltung Panikausbrüche ankündigen.

Häufig tritt bei Legehennen eine sehr kurze Kopfschüttelbewegung auf, die nur durch aufmerksame Beobachtung erkennbar ist. Tragen die Hennen große Kämme, kann es auch zu schlagenden Geräuschen (Klatschen) kommen. Diese Art des Kopfschüttelns ist ein Zeichen der inneren Spannung der Tiere. Sie wird häufig bei Störungen beobachtet. Oft reicht die Anwesenheit eines unbekannten Beobachters aus, um dieses Verhalten auszulösen. Intensives und wiederholtes Kopfschütteln einer großen Anzahl von Tieren ist deshalb als Zeichen einer Störung anzusehen.

Tabelle 8: Wichtige Indikatoren im Bereich unspezifischer Verhaltensäußerungen

10.1 Federpicken

Federpickverhalten ist in den Legehennenhaltungen häufig anzutreffen. Es tritt in verschiedenen Formen auf. Eine leichte Form des Federpickens besteht in einer Serie von schwachen, stereotypen Pickschlägen nach dem Gefieder der Artgenossen. Die Pickschläge richten sich meistens nach den Schwanzspitzen, den Flügeln, dem Hals und dem Bürzel der bepickten Tiere. Auch beim Staubbaden kommt leichtes Picken an den Artgenossen vor. Hier werden jedoch Staubpartikel aus dem Gefieder gepickt. Leichtes Federpicken ist bei Küken und Junghennen häufig zu beobachten. Es nimmt jedoch mit zunehmendem Alter der Tiere ab. Durch diese Art des Pickens entstehen keine nennenswerten Schäden. Oftmals geht diese Form des Pickens in das so genannte starke Federpicken oder Federziehen über. Dabei werden die Federn mit kräftigen Schlägen bepickt. Es werden einzelne Federäste vom Federkiel gerissen oder die Federspitzen abgebrochen. Beim Federnziehen werden die Federn gezielt an der Basis gepackt und ausgerissen. Häufig werden die abgebrochenen Federteile oder ausgerissenen Federn sofort verzehrt. Es wird angenommen, dass Federfressen eine wichtige Ursache für Federpicken ist. Werden in der Junghennenaufzucht keine Federn auf dem Boden gefunden, ist dies ein Anzeichen für die Entwicklung von Federpicken. Durch starkes Federpicken entstehen sowohl Schäden an den Federfahnen als auch größere völlig entblößte Hautstellen, die gut sichtbar sind. Der überwiegende Anteil der Gefiederschäden, die bei Legehennen beobachtet werden können, ist auf Federpicken zurückzuführen. Häufig geht Federpicken auch in Kannibalismus über.

Abbildung 5: Regelmäßige Beurteilung von Befiederung, Kämmen und Füßen ermöglichen Rückschlüsse auf Federpicken, Aggression und Fußgesundheit in der Herde

Teilweise tritt Kannibalismus jedoch auch bei voll befiederten Hennen auf. Die Schäden sind dann schwerer zu erkennen, da die Wunden durch das Gefieder verdeckt sind. Erste Anzeichen hierfür sind jedoch blutige Spuren an den Schnäbeln und am Halsgefieder der pickenden Hennen. Kannibalismus tritt auch häufig in Form von Kloaken-Kannibalismus auf. Als Ursache des Kloaken-Kannibalismus wird in vielen Fällen ein Eileitervorfall (Prolaps) nach der Eiablage angesehen. Der ausgestülpte Eileiter zieht die Aufmerksamkeit benachbarter Hennen an. Das Problem ist insbesondere in Herden ausgeprägt, in welchen die Nester schlecht angenommen werden und die Eier in helleren Bereichen gelegt werden. Eine weitere Form des Kannibalismus tritt in Form des Zehenpickens auf. Schäden an den Zehen sind in großen Herden schwer zu erkennen. Die bepickten Hennen ziehen sich häufig in dunkle Ecken oder in die Nester zurück. Werden die Tiere nicht erkannt und aus der Herde genommen, können sie an den Schäden verbluten.

Als Maßnahmen gegen Federpicken wird vorgeschlagen:

  • Reduktion der Lichtintensität

  • Prüfen des Futters auf Nährstoffmangel

  • Verabreichung von Mineralsoffen, Vitaminen und Aminosäuren über das Trinkwasser

  • Angebot von Beschäftigungsmaterial

  • Schnabel kupieren (hierzu muss die Genehmigung durch den zuständigen Amtstierarzt eingeholt werden)

Werden Abweichungen in den Nährstoffgehalten des Futters von den Empfehlungen festgestellt, ist in Absprache mit dem Futterlieferanten ein Austausch des Futters nötig. Als vorsorgliche Maßnahmen können Mineralstoffe (hauptsächlich Kochsalz und Magnesiumpräparate), sowie Aminosäuren (Methionin) und Vitamine über das Trinkwasser verabreicht werden. Es ist aber zu beachten, dass durch Mineralstoffe der Wasserverbrauch ansteigt und der Kot feuchter wird. Als zusätzliche Maßnahmen sollten Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden. Als Beschäftigungsmaterial dienen Stroh und Heu. Sie werden in Körben oder Ballen in den Stall gebracht. Frische Einstreu und Picksteine dienen ebenfalls dazu, die Pickaktivität von den Federn abzulenken. Picksteine führen zudem zu einer Abstumpfung der Schnabelspitze und reduzieren die Gefahr von Verletzungen. Beschäftigungsobjekte aus Kunststoff oder in Form von Schnüren werden zwar angenommen, sind in ihrer Wirkung auf Federpicken jedoch nicht zuverlässig. Es ist auch zu beachten, dass nicht alle Tiere diese Angebote annehmen und das Federpicken einstellen. Beim Ausbruch von Kannibalismus sind die Lichtintensität zu reduzieren und der bestandsbetreuende Tierarzt zu informieren. Gegebenenfalls ist die Erlaubnis zum Schnabelkupieren einzuholen.

Tabelle 9: Wichtige Indikatoren im Bereich sonstiges Verhalten

11. Technische Hilfen

11.1 Wasseruhren ablesen

Die tägliche Kontrolle des Wasserverbrauchs ist in verschiedener Hinsicht ein wichtiges Hilfsmerkmal für den Geflügelhalter. Er weist nicht nur auf die lebenswichtige, normale Funktion der Wasserversorgung der Hennen hin, sondern kann auch als Frühindikator für beginnende Krankheiten herangezogen werden.

Der Wasserverbrauch steht in einem engen Zusammenhang mit dem Futterverbrauch. Legehennen nehmen bei normalen Temperaturen ca. 1,8 – 2 Liter Wasser pro Kilogramm Futter auf. Bei großer Hitze kann der Wasserverbrauch auf das zwei bis dreifache ansteigen. Da in der Regel keine exakten Werte für den täglichen Futterverbrauch vorliegen, kann der Wasserverbrauch als Indikator nur herangezogen werden, wenn die Veränderungen von Tag zu Tag aufgezeichnet werden. Bei gleich bleibender Stalltemperatur schwankt der Wasserverbrauch einer Herde nur in einem geringen Ausmaß. Aufziehende Krankheiten deuten sich durch ein Abfallen des Wasserverbrauchs an. Der Wasserverbrauch reagiert schneller auf Krankheiten als die Legekurve. Die Aufzeichnung des Wasserverbrauches sollte deshalb in die tägliche Routinekontrolle aufgenommen werden. Die aktuellen Werte sollten jeweils zur gleichen Tageszeit in eine Kurve eingetragen werden. Abweichungen lassen sich dann leicht am Kurvenverlauf erkennen.

11.2 Stalltemperatur kontrollieren

Die tägliche punktuelle Aufzeichnung der Stalltemperatur ist nicht besonders informativ. Dagegen ist eine kontinuierliche Aufzeichnung sinnvoll. Es existieren bereits sehr preiswerte Geräte zur kontinuierlichen Aufzeichnung. Der Verlauf der Stalltemperatur über 24 h sollte täglich visuell geprüft werden. Dieser gibt wertvolle Hinweise auf die Funktion der Ventilation und über eventuelle Schwankungen im Tag- Nacht-Rhythmus. Diese Information ist besonders in den Übergangszeiten zwischen kalten und warmen Wetterperioden wichtig, da hier häufig die optimalen Temperaturgrenzen überschritten werden. Ist keine automatische kontinuierliche Aufzeichnung möglich, sollte der Temperatureinfluss am Verhalten der Tiere erfasst werden. Kühle Temperaturen im Tierbereich stellen bei Legehennen meist kein Problem dar. Dagegen sind bei hohen Temperaturen deutliche Reaktionen der Tiere zu beobachten. Wird bei einem großen Teil der Tiere Hecheln, d. h. Atmen mit weit geöffnetem Schnabel beobachtet, sind Maßnahmen zur Absenkung der Stalltemperatur zu treffen.

11.3 Nestkontrolle

Die Nester stellen insbesondere in Boden- und Volierenhaltung einen sensiblen Bereich dar, der schwer zu kontrollieren ist. Dennoch darf in der täglichen Kontrolle der Nestbereich nicht vernachlässigt werden. Kranke und verletzte Tiere ziehen sich bevorzugt in Nester zurück. Deshalb werden hier häufig tote Tiere gefunden („Nesttote“). Werden häufig tote Tiere an den gleichen Stellen angetroffen, muss geprüft werden, ob dies nicht auf die Nesttechnik, d.h. auf das Austriebsystem zurückzuführen ist. Werden tote Tiere am Ende der Nestreihen gefunden, lässt dies auf ein Zusammendrängen der Hühner in diesem Bereich schließen. Gegebenenfalls sind Abtrennungen im Nest selbst oder auf den Anflugstangen vor dem Nestbereich anzubringen.

11.4 Kontrolle der Sitzstangen

Die unteren Teile der Sitzstange sollten auf Blutspuren geprüft werden, die von der Roten Vogelmilben stammen. Die Kontrolle sollte wöchentlich, bei hohen Temperaturen auch häufiger erfolgen.

Abbildung 6: Sitzstange sollte rutschfest und sauber sein. Dies ermöglicht ein sicheres Fußen der Tiere und verringert das Risiko von Fußballenverletzungen und Knochenbrüchen (Quelle: LVFZ, Kitzingen)

11.5 Kontrolle der Roten Vogelmilbe

Zur Kontrolle der Roten Vogelmilbe sind Fallen anzubringen. Diese können gekauft, oder selbst hergestellt werden (s. Abbildung 7). Die Idealen Plätze für die Fallen sind Sitzstangen, Nester, und Scharrbereich (z. B. Scharrmatten in der Kleingruppenhaltung).

Abbildung 7: Durch einfache und kostengünstige Milbenfallen lässt sich die Entwicklung der Milbenpopulation in der Herde verfolgen und eine effiziente Behandlung durchführen

12. Weiterführende Literatur

DLG-Merkblatt 405 (2014): Legehennenhaltung http://statictypo3.dlg.org/fileadmin/downloads/merkblaetter/dlg-merkblatt_343.pdf

Jeroch, H. und S. Dänicke (2016) Faustzahlen zur Geflügelernährung. Geflügeljahrbuch 2016, Verlag Ulmer, Stuttgart, 192 – 231.

13. Anhang

Checkliste Legehenne I

Checkliste Legehenne II

bottom of page