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09.06.2021

Akuter Handlungsbedarf: Was tun bei hohem Ungrasbesatz kurz vor der Ernte?

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AGRIS42

Themen

Ernte Pflanzenschutz Ackerbau Getreide

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Ein hoher, deutlich ertragsreduzierender Ungrasbefall auf Teilflächen kann verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören ein schwacher und somit konkurrenzschwacher Kulturstand durch Nässe oder andere ungünstige Standortfaktoren, der Befall von Nachbarfeldern, und Herbizidresistenzen oder suboptimaler Herbizideinsatz als Folge schwächerer Herbizide oder zu niedriger Aufwandmengen. Die Ursachenanalyse muss jeder Betriebsleiter für sich selbst treffen um solche Probleme in Zukunft möglichst zu vermeiden. Jetzt - wenige Wochen vor der Getreideernte - stellt sich die Frage, was mache ich mit diesen kleineren Teilflächen?

Dies ist einerseits eine kurzfristige Entscheidung: Wie viel Ertrag verliere ich auf dem Schlag? Andererseits folgen langfristige Überlegungen: Was für ein Problem handele ich mir die nächsten Jahre ein, wenn der Samenvorrat um mehrere tausend, vielleicht sogar mehrere zehntausend Ungrassamen je Quadratmeter angereichert wird? Verschleppe ich mir das Problem durch Maschinen vielleicht sogar auf andere Flächen?

Bei kleineren Flächen können diese Bereiche gemulcht werden. Besonders, wenn es um den Befall mit einer für den Acker neuen Art geht, in der Praxis sind das oft Weidelgräser oder Trespen, oder Verdacht auf eine Herbizidresistenz besteht, sollte diese Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Starker Befall auf einem Großteil einer Fläche kann meist nur mit größeren Veränderungen der ackerbaulichen Strategie reduziert werden. Welche nicht-chemischen Maßnahmen dabei in Frage kommen, haben wir Ihnen bereits in unserem letzten Artikel dargestellt.

Hauptziel: Samenbildung verhindern.

In konkurrenzstarken Getreidebeständen entwickeln sich die Ungräser ähnlich wie das Getreide, sie bilden 2-3 Ähren bzw. Rispen aus und zeigen eine schnelle und gleichmäßige Abreife. In schwachen Beständen kann eine Ackerfuchsschwanzpflanze mehrere Dutzend Ähren tragen (s. Abb. 1).

Abb. 1 Potentielle Samenentwicklung in einem lückigen Rapsbestand.

Die Abreife zieht sich bei solchen stark bestockten Ackerfuchsschwanzpflanzen über 3-4 Wochen hin. Aus manchen Ähren fallen schon Samen aus, während andere Ähren gerade zu blühen beginnen. Daher sollten solche Grasbestände am besten zum Ähren- bzw. Rispenschieben, aber spätestens wenn die Blüte beginnt, gemulcht werden.

Unserer Erfahrung nach wird eher zu spät als zu früh gemulcht. Besonders Ackerfuchsschwanz reift schnell und früh ab. Selbst Samen in der Teigreife können keimen. Daher gilt es in der Blüte des Ackerfuchsschwanz (BBCH 61-69) zu agieren damit spätestens in der Milchreife (BBCH 71-77) die weitere Samenbildung beim Ackerfuchsschwanz unterbunden wird.

Für unser Agris42-Ungrasmonitoring, bei dem deutschlandweit etwa 1.300 Felder auf Resistenzen untersucht werden, fangen wir so früh wie möglich an Ungrassamen zu sammeln, um eine möglichst lange Erntesaison zu haben und die Arbeitsspitze zu entzerren. Wir konzentrieren uns ab Mitte Juni auf Weinbauregionen in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Bisher hatten wir noch nie Probleme mit der Keimung durch vermeintlich zu frühe Probenahme, daher ist unser Rat an die Praxis: lieber etwas früher mulchen.

Falls ein Verdacht auf Herbizidresistenz besteht, sollten zusätzlich Proben reifer Samen von den nicht gemulchten Flächen gesammelt werden: Die Probennahme erfolgt dabei etwa ab Anfang bis Mitte Juli und sollte dabei möglichst am Randbereich zum gemulchten Befall erfolgen. Ähnliche Effekte zum Mulchen erreicht man natürlich auch durch GPS.

Alternative Glyphosat?

Die Alternative Glyphosat auf den entsprechenden Stellen besteht natürlich ebenfalls. Jedoch sollte man beachten, dass die vollständige Wirkung 10-14 Tage, bei kühleren Bedingungen auch etwas länger, dauern kann. Das hat zur Folge, dass die Samen ausreifen bevor die Wirkung von Glyphosat abgeschlossen ist (s. Abb. 2 links). Als ergänzende Maßnahme kann es aber durchaus sinnvoll sein durch eine Vorlage mit Glyphosat vor dem Mulchen den Wiederaustrieb der Ungräser zu unterbinden (s. Abb. 2 rechts). Somit wird verhindert, dass sich in einigen Fällen kleinere “Not-Ähren” bilden die trotzdem eine geringe Menge Samen bilden.

Abb. 2 Auf der linken Seite sieht man ein Feld, bei dem die Behandlung mit Glyphosat zu spät kam, sodass der Ackerfuchsschwanz noch reifen konnte und eine Verbreitung der Samen die Folge ist. Recht daneben ein Bild von einer erfolgreichen Glyphosatbehandlung mit anschließendem Mulchen.

Das Wichtigste zum Schluss

Wichtig ist jedoch, ein kritisches Hinterfragen warum es zu den beobachteten Nestern kam. Sollte man zu dem Schluss kommen, dass es sich um Resistenzen handeln könnte ist eine zusätzliche Resistenzuntersuchung dringend angeraten. Diese verschafft Klarheit und zeigt zusätzlich die verbleibende Wirkung weiterer Herbizide, um das Problem in den Griff zu bekommen. Dazu reichen wenige Samen, die man im nicht gemulchten Bereich oft einfach findet. Eine Kaffeetasse voll reifer Samen reicht bereits aus.

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