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29.12.2020

Agrophotovoltaik: Acker und Solarenergie optimal kombinieren

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Der Ansatz klingt einleuchtend: Warum sollte man in Zeiten knapper Ackerflächen und einem wachsenden Energiebedarf nicht beides miteinander kombinieren – also Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen installieren und beides ernten, Strom und Lebensmittel?

Hierzu gibt es mittlerweile weltweit eine zunehmende Anzahl von Forschungsprojekten und praktische Erfahrungen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Typen von Agrophotovoltaik: 

  • Solarmodule, die sich horizontal mehrere Meter über der landwirtschaftlichen Fläche befinden.

  • Senkrecht installierte Module, die in Reihen auf der Fläche stehen.

Die Versuchsanlage zur Studie Agrophotovoltaik liegt nahe am Bodensee und ist 0,3 Hektar groß. Bildquelle: BayWa r.e renewable energy GmbH

1. Photovoltaik über dem Acker

Seit 2016 wird dieser Ansatz unter anderem im Projekt APV-RESOLA wissenschaftlich überprüft. Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), der Universität Hohenheim und weiteren Institutionen hat auf Flächen der Biobetriebsgemeinschaft Heggelbach nahe dem Bodensee eine sogenannte Agrophotovoltaik-Anlage errichtet.

Solarmodule in fünf Metern Höhe

Damit auf der 0,3 Hektar großen Fläche alle Maschinen zur Bewirtschaftung problemlos eingesetzt werden können, wurden die Solarmodule auf Stahlstelzen in fünf Metern Höhe montiert. Im Vergleich zu Freiflächenanlagen, die ausschließlich zur Stromerzeugung dienen, sind die Abstände der Solarmodule deutlich größer. Dafür wurden spezielle bifaziale Solarzellen verwendet, die eine zusätzliche Stromerzeugung auf der Rückseite ermöglichen und dadurch die Stromausbeute verbessern.

Das Forschungsteam untersucht dabei unter anderem, wie verschiedene Kulturpflanzen auf die Beschattung reagieren, wie sich das Mikroklima unter den Solarmodulen verändert und welche Strommengen zu welchen Kosten erzeugt werden können.

Flächen werden deutlich effizienter genutzt

Nach dreijährigem Betrieb der Anlage zeigt sich, dass der Ansatz aufgeht und sich landwirtschaftliche Flächen mit Solaranlagen sehr effektiv nutzen lassen. So stieg die sogenannte Landnutzungseffizienz auf der untersuchten Fläche je nach Jahr und angebauter Kultur auf 160 bis 190 Prozent im Vergleich zur ausschließlichen Nutzung für den Ackerbau beziehungsweise zur Stromerzeugung.

Als besonders effizient erwies sich das Konzept im extrem trockenen und heißen Jahr 2018. Der Grund: Durch die hohe Einstrahlungsintensität wurde ein sehr hoher Stromertrag erzielt. Gleichzeitig profitierten die angebauten Kulturen von der Beschattung durch die Solarmodule, da sich Boden und Pflanzen weniger stark aufheizten als auf den nicht beschatteten Referenzflächen.

In heißen Sommer profitieren die Kulturen

Am stärksten profitierte davon Sellerie mit einem Ertragszuwachs von zwölf Prozent. Bei Kartoffeln verzeichneten die Fachleute ein Plus von 11 Prozent, bei Weizen von drei Prozent. Lediglich bei Kleegras wurde ein Minderertrag von acht Prozent festgestellt. Offenbar überwiegt bei dieser Kultur der Nachteil durch die um 30 Prozent verringerte Sonneneinstrahlung im Schatten der Module.

In feuchteren Jahren mit weniger Einstrahlung, wie etwa 2017, gingen die Erträge unter der Anlage dagegen deutlich zurück, bei Weizen und Kartoffeln fast um ein Fünftel. Doch laut Axel Weselek, der die Versuche als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit betreut hat, hängt die Entwicklung einer Kultur unter den Solarmodulen von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Deshalb sind zurzeit noch keine eindeutigen Aussagen möglich, welche Kultur am besten mit der Beschattung zurechtkommt.

In heißen und trockenen Jahren bietet die Beschattung durch die Solarmodule Vorteile und führt in vielen Kulturen zu höheren Erträgen. Bildquelle: Universität Hohenheim

Wirtschaftlichkeit hängt an der Stromerzeugung

Hinzu kommt aus seiner Sicht noch ein weiter Punkt: "Letztlich ist die Stromerzeugung für die Wirtschaftlichkeit der Anlage viel entscheidender als die Erträge aus der landwirtschaftlichen Erzeugung", sagt Weselek. Die Hofgemeinschaft Heggelbach nutzte zum Beispiel etwa 70 Prozent der Energie selbst, vor allem zum Laden elektrischer Fahrzeuge und für die Melk- und Kühlanlagen.

Unter den günstigen Bedingungen im Jahr 2018 erzielte die 1,94 Kilowatt-Anlage 249.857 Kilowattstunden (kWh). Das entspricht einem sehr hohen spezifischen Ertrag von über 1.280 kWh pro installierter Kilowatteinheit. Damit ist die Agrophotovoltaik-Anlage in Bezug auf die Stromgestehungskosten schon heute wettbewerbsfähig mit kleineren Solar-Dachanlagen, aber teurer als reine Freiflächenanlagen.

Effizienz der Flächennutzung auf ein Hektar Ackerland, Grafik: Fraunhofer-Institut; Happy Pictures/Shutterstock.com

Ideal für aride Gebiete

Die Vorzüge des Systems kommen umso mehr zum Tragen, je heißer und trockener das Klima einer Region ist. Versuche des Fraunhofer-Instituts in Indien ergaben zum Beispiel, dass die Erträge von Tomaten und Baumwolle im Schatten der Solarmodule um rund 40 Prozent stiegen. Hier gehen die beteiligten Fachleute davon aus, dass sich die Landnutzungseffizienz nahezu verdoppelt.

In Deutschland gibt es bisher nur Forschungsergebnisse für den Standort Bodensee. Axel Weselek geht davon aus, dass die Effizienz des Systems unter mittel- und norddeutschen Verhältnissen tendenziell geringer ausfällt. "Allerdings spricht die Entwicklung durch den Klimawandel mit zunehmend trockenen und heißen Sommern auch für die Anwendung in nördlicheren Gebieten Deutschlands", meint der Wissenschaftler.

Quelle: oekolandbau.de / BLE

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